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Krankheit als Störfaktor im Betrieb: Fatales Zusammenspiel betrieblicher und individueller Umgangsweisen mit Gesundheitsproblemen

Artikel 1110 Mit 3,3 Prozent war der Krankenstand in Deutschland 2006 auf einem historischen Tiefststand, Mitte der 1970er Jahren waren es noch 5,5 Prozent. Seitdem sind die Fehlzeiten kontinuierlich zurückgegangen. Die Ursachen für den Rückgang der Krankmeldungen sind jedoch kaum darin zu sehen, dass betriebliche Belegschaften immer gesünder werden, sondern eher in einem zunehmenden sozialen Druck in der Arbeitswelt durch veränderte Arbeitsstrukturen wie Selbstorganisation, Ergebnisverantwortung, Zielvereinbarungen, Gruppen-, Team- und Projektarbeit. "Krankheit wird zum Störfaktor, der ignoriert und oder ausgeblendet wird", konstatiert Dr. Stephan Voswinkel, der gemeinsam mit Dr. Hermann Kocyba ein von der Hans-Böckler-Stiftung gefördertes Projekt zur "Krankheitsverleugnung" durchgeführt hat. Und der Soziologe Dr. Hermann Kocyba stellt fest: "Der Rückgang der Fehlzeiten ist durchaus ambivalent: So kann beispielsweise Gruppenarbeit zur Reduktion von Fehlzeiten beitragen, weil Motivation und Arbeitszufriedenheit steigen, aber auch weil Gruppendruck und falsch verstandene Kollegialität dazu führen, krank zur Arbeit zu gehen."

Vor diesem Hintergrund haben sich die Wissenschaftler des Frankfurter Instituts für Sozialforschung mit dem Phänomen der Krankheitsverleugnung befasst: Nehmen Beschäftigte gesundheitliche Probleme und Belastungen nicht angemessen wahr und setzen sie ihre Prioritäten einseitig auf berufliche Belange? Das Projekt basiert auf Interviews mit Betriebsärzten, Mitarbeitern von Betriebskrankenkassen und sozialmedizinischen Beratungsstellen, mit in Gesundheitsfragen engagierten Betriebsräten, Vertauensleuten und Mitarbeitern von Personalabteilungen. Neben Unternehmen der Automobil- und Automobilzulieferindustrie bezogen die Forscher auch Unternehmen der chemischen Industrie, der IT- und Software-Industrie, des Finanzdienstleistungs- sowie des Krankenhausbereichs in ihre Studie ein.

Die Untersuchung belegt, dass Krankheitsverleugnung in der Regel auf einem fatalen Zusammenspiel betrieblicher und individueller Umgangsweisen mit Gesundheitsproblemen basiert. Bei den Beschäftigten sind verschiedene Formen der Krankheitsverleugnung anzutreffen: verschweigen, ignorieren, die Symptome nur begrenzt wahrnehmen, nicht zur Kenntnis nehmen, obwohl anderen die Krankheit bereits deutlich auffällt. Die erhöhte Identifikation mit der Arbeit und der steigende Erfolgsdruck hindern die Arbeitnehmer offensichtlich daran, sich arbeitsunfähig schreiben zu lassen, wenn dies nicht absolut "unumgänglich" ist. Gleichzeitig wächst der Zeit- und Termindruck, krankheitsbedingte Abwesenheit würde Kolleginnen und Kollegen stärker belasten und Terminzusagen gegenüber den Kunden gefährden.

Wie Unternehmen mit gesundheitlichen Belastungen umgehen, hat Auswirkungen auf das Verhalten des Einzelnen. Wenn Betriebe leugnen, dass Krankheitsursachen vielfach in der Arbeit und ihrer organisatorischen Gestaltung liegen, geschieht dies nach unterschiedlichen Mustern:
• Verantwortung wird abgewehrt; die Rahmenbedingungen ändern sich nicht, aber dem Einzelnen wird der Weg in den Vorruhestand geebnet (Opferfürsorge);
• Leistung und Personal sind so ausgelegt, dass jede Krankheit zu Funktionsproblemen führt (Ignorieren);
• es wird genau kontrolliert, wer wann krank ist, um den Betroffenen zu kontrollieren ("Jagd auf Kranke") oder
• bestenfalls ihm "kontrollierende Fürsorge" angedeihen zu lassen ("Anwesenheitsverbesserungsprozesse").

Ist ein Arbeitnehmer zwar physisch präsent, krankheitsbedingt aber nicht voll einsatzfähig und steckt möglicherweise auch noch Kollegen an, dann erweist sich die einseitige Ausrichtung an den Fehlzeiten nicht nur gesundheitspolitisch, sondern auch betriebswirtschaftlich als verkürzt.

Die Autoren der Studie plädieren für ein breiteres Verständnis betrieblicher Gesundheitspolitik. Denn Krankheitsverleugnung bedeute im Kern, dass ein angemessener Umgang mit Gesundheitsproblemen blockiert wird. Vor dem Hintergrund, dass es immer mehr ältere Arbeitnehmer gibt, müssen sich Unternehmen nicht nur Gedanken über eine alternsgerechte, sondern auch "krankheitsgerechte" Arbeitsgestaltung machen." Das Betriebsklima muss eine rechtzeitige und angemessene Auseinandersetzung mit Gesundheitsproblemen zulassen", so Kocyba.

• Hier ist eine PDF-Datei mit einem Aufsatz aus der Zeitschrift "Forschung Frankfurt 3/2007", der die wichtigsten Ergebnisse zusammenfasst: Störfaktor Krankheit - Warum der rückläufige Krankenstand das falsche Signal für betriebliche Gesundheitspolitik ist

Erst vor kurzem hatten Arbeitnehmer-Befragungen gezeigt, dass insgesamt 71 Prozent der Deutschen in den vergangenen zwölf Monaten mindestens einmal zur Arbeit gegangen sind, obwohl sie sich richtig krank gefühlt haben. 46 Prozent geben an, dies sogar zweimal oder öfter getan zu haben. Das zeigt die aktuelle Bevölkerungsbefragung des Gesundheitsmonitors der Bertelsmann Stiftung. Gegen den Rat ihres Arztes der Arbeit nachgegangen sind demnach im vergangenen Jahr 30 Prozent der Bevölkerung mindestens einmal, etwa die Hälfte davon sogar mehrmals.
7 von 10 Erwerbstätigen sind im letzten Jahr trotz Krankheit zur Arbeit gegangen

Gerd Marstedt, 21.1.2008