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Unterschätzte Risiken und überschätzte Wirksamkeit präventiver Maßnahmen im Arbeitsschutz - Das Beispiel Lärm

Artikel 1616 Die in der Kommunikation über Gesundheitsrisiken der Arbeitswelt gerade boomenden psychischen Belastungen erzeugen den Eindruck, es gäbe kaum mehr traditionelle Arbeitsbelastungen und daraus resultierende gesundheitliche Risiken und die Prävention wäre dort rundum wirksam. Ein genauerer Blick lohnt sich aber immer noch. Neuere Veröffentlichungen über den Lärm an Arbeitsplätzen und die Wirklichkeit des Schutzes gegen Lärmschäden zeigen nämlich: Der Anteil von Beschäftigten, die unter Lärm arbeiten müssen, steigt in diesem Jahrzehnt sogar wieder an und die Wirksamkeit von Schutzmaßnahmen wird erheblich durch falsche Benutzung bzw. zu geringe Nutzungsübungen eingeschränkt.

Ein Ergebnis der fünften und jüngsten Welle der mit rund 20.000 TeilnehmerInnen im Alter von 15 Jahren und älter und mit einer Arbeitszeit von mindestens 10 Stunden pro Woche größten Erwerbstätigenbefragung Deutschlands, der so genannten IAB/BiBB-Befragung, lautet: Der Anteil von Beschäftigten, der angibt, unter Lärm zu arbeiten, ist nach einem Rückgang Ende der 90er Jahre (22%) im Vergleich zu den 80er Jahren (26%) wieder angestiegen. Im Jahr 2005/2006 gaben 24% der Befragten an, häufig oder manchmal unter Lärm zu arbeiten und 54% fühlten sich durch die wahrgenommene Belastung auch wirklich belastet. Nur noch die klassischen, überwiegend physischen Belastungen der Arbeit im Stehen oder Sitzen, bestimmten das Belastungspanorama von Erwerbstätigen mehr. Und nur durch Erschütterungen oder Rauche, Stäube und Gasse fühlten sich ArbeitnehmerInnen noch mehr belastet als durch Lärm.

In derselben Befragung wird aber auch die Existenz von eher psychischen Anforderungen und die dadurch bedingten Belastungen dokumentiert: 54% der Befragten geben Termin- und Zeitdruck als häufige Anforderung an und 59% dieser Erwerbstätigen nehmen dies auch als Belastung wahr. Für die häufige Unterbrechung der Arbeit durch Kollegen etc. lauten die Werte 46% und 60%.

Wie eine andere aktuelle Untersuchung zeigt, wird aber nicht nur die Weiterexistenz der klassischen Arbeits- oder Umweltbelastung Lärm unterschätzt, sondern auch die Wirksamkeit der ebenfalls traditionellen Schutzmethoden. Beides zusammen könnte dazu führen, dass die Anzahl der Erwerbstätigen, die an Lärmfolgen zu leiden haben eher steigt als sinkt.

In der Studie "Schalldämmung von Gehörschützern in der betrieblichen Praxis" wurde zwischen 2005 und 2007 die tatsächliche Wirkung von Gehörschutz und damit dessen präventiver Nutzen genauer untersucht. Der Untersuchung lag das Ergebnis einer früheren nationalen Untersuchung aber auch von internationalen Untersuchungen zugrunde, dass die eingesetzten Gehörschutzmittel beim betrieblichen Einsatz oft eine geringere Schalldämmung als in der so genannten "Baumusterprüfung" erreichen. Letztere bestimmt aber, welchen Dämmnutzen der Hersteller des jeweiligen Produkts deklariert und was letztlich die Nutzer des Produkts an Dämmwirkung erwarten.

In Deutschland trat außerdem im März 2007 die Lärm- und Vibrationsarbeitsschutzverordnung in Kraft. Sie legt nicht nur fest, dass die maximale Tagesbelastung durch Lärm 85 Dezibel (A) nicht überschreiten darf, sondern sie fordert erstmals auch, dass die dämmende Wirkung des Gehörschutzes hierbei berücksichtigt sein muss, und zwar für jede Person und jede Situation.

Daher initiierte der Arbeitskreis "Gehörschutz" im Fachausschuss "Persönliche Schutzausrüstung" der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) eine Untersuchung, um die in der Praxis tatsächlich erreichte Schalldämmung von Gehörschutz zu ermitteln. In Zusammenarbeit mit mehreren Berufsgenossenschaften wurde in verschiedenen Industriebereichen die Schalldämmung dort verwendeter Gehörschützer gemessen. Für alle Produkte ergab sich in der Praxis im Mittel eine geringere Schalldämmung als in den Labormessungen.

Am deutlichsten ist der Effekt bei Gehörschutzstöpsel, die vor ihrem Gebrauch in die richtige Form zu bringen sind. Der im Anwendungsalltag gemessene Wert durchschnittlich um 7,8 dB ab, d.h. ein nicht unwesentlicher Teil des Umgebungslärms wird nicht gedämmt, sondern erreicht das Hörorgan des Hörschutzträgers. Andere Stöpselvarianten weisen mit 5,0 dB und 4,5 dB geringere Unterschiede auf. Für Kapselgehörschützer ergibt sich eine Differenz von Labor- und Alltagswert von 3,0 dB, für individuell angepasste Otoplastiken (dies sind Formpassstücke, die ins Ohr eingesetzt werden) ein Wert von 6,0 dB.

Da zwischen gehörschädigender und nichtschädigender Exposition gegenüber Lärm oftmals nur wenige Dezibel liegen, kann jede der Differenzen zu unerwünschten Folgen führen. Zusätzlich zu dem Dauerproblem des Arbeitsschutzes, ArbeitnehmerInnen überhaupt zum Tragen von Schutzmitteln zu motivieren bzw. das Tragen organisatorisch zu erleichtern, müssen also auch noch die genauen Umstände des Gebrauchs beachtet werden.

Um die Benutzung von Gehörschutz in der Praxis zu verbessern, sollten daher Beschäftigte bei Unterweisungen im Betrieb oder bei der arbeitsmedizinischen Vorsorge auf die erforderliche Sorgfalt beim Ein- und Aufsetzen von Gehörschutz hingewiesen und dessen Gebrauch regelmäßig geübt (empfohlen werden von Experten vier Übungen pro Jahr) werden. Dies gilt insbesondere, wenn vor Gebrauch zu formende Gehörschutzstöpsel verwendet werden.

Da auch bei anderen Arbeitsschutzmitteln und -maßnahmen wie beispielsweise Schutzbrillen, Masken oder Bildschirmen der Nutzungsalltag oft anders aussieht als es Laborwerte unterstellen, bedarf es eigentlich auch im Arbeitsschutzbereich einer systematischeren Anwendungsforschung und mehr als technisch perfekter Bedienungsanleitungen.

Einen Überblick zu den Ergebnissen der IAB/BiBB-Erwerbstätigenbefragung liefert der 18-Seiten-Aufsatz "Arbeitsbedingungen in Deutschland - Belastungen, Anforderungen und Gesundheit" von Beate Beermann, Frank Brenscheidt und Anke Siefer, der kostenlos erhältlich ist und Hinweise auf und Links zu weiteren Auswertungen der Befragung enthält.

Die 82 Seiten umfassende Studie "Schalldämmung von Gehörschützern in der betrieblichen Praxis- Studie von 2005 bis 2007" ist als Heft 4/2008 des BGIA-Reports erschienen und ebenfalls kostenlos erhältlich.

Bernard Braun, 28.7.09