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Gesundheitssystem
Finanzierung und Kosten, Lohnnebenkosten


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Fachgesellschaft der Gesundheitsökonomen pfeift auf wissenschaftliche Empirie

Artikel 1894 Die Deutschen Gesellschaft für Gesundheitsökonomie fühlte sich im vergangenen September anlässlich der Reformideen von Gesundheitsminister Philipp Rösler veranlasst, die Öffentlichkeit mit einer Presseerklärung mit dem Titel Gegen ein "Weiter so!" in der Gesundheitspolitik zu beglücken. Explizit beziehen sich die Wirtschaftfachleute auf die folgenden sechs Reformelemente:

1. Wiederanhebung des allgemeinen Beitragsatzes zur GKV auf 15,5%;
2. Festschreibung des Arbeitgeberbeitrags auf den neuen Wert von 7,3 Prozent;
3. Aufhebung der "Überforderungsgrenze" bei den Zusatzbeiträgen,
4. Einführung eines Sozialausgleichs bei Überforderung (> 2 % des Einkommens)
5. Verbot des Anstiegs der Verwaltungskosten der Krankenkassen bis 2012,
6. Begrenzungen der Ausgabenzuwächse in mehreren Leistungsbereichen.

Unter Bezugnahme auf die darin vorgesehenen und mittlerweile umgesetzten Maßnahmen kritisieren deutsche Gesundheitsökonomen diese Maßnahmen als ungeeignet, "Qualität und Wirtschaftlichkeit der Gesundheitsversorgung in Deutschland zu steigern" und vermissen das "im Koalitionsvertrag angekündigte neue Finanzierungsmodell" der schwarz-gelben Regierung. Namentlich unterzeichnet ist die Presseerklärung von Stefan Willich (Berlin), Volker Ulrich (Bayreuth), Friedrich Breyer (Konstanz) und Stefan Felder (Duisburg-Essen).

Nicht die Kritik an der halbherzigen und seine Ankündigungen eines "robusten Gesundheitswesens, dass nicht alle 2-3 Jahre reformierte werden müsse" ad absurdum führenden Reform ist überraschend, sondern es sind vielmehr die Begründungen, die aufhorchen lassen. Hier ein paar Kostproben:
• Eine stärkere Steuerfinanzierung mögen die vier Herren allenfalls kurzfristig akzeptieren, langfristig aber sei das nicht gut, denn: Eine Umwegfinanzierung über Steuern verringert die Transparenz von Kosten und Leistungen. Als wenn Kranke gesundeten, wenn sie nur wüssten, wie teuer die Behandlungen sind.
• Den Arbeitgeberanteil hätten die vier Ökonomen lieber auf dem alten, niedrigen Niveau eingefroren - sonst belaste er ja die Arbeitskosten. Dass dies nach allen empirischen Untersuchungen völlig vernachlässigbar ist, scheint an den Herren vorbeigegangen zu sein.
• Der Zusatzbeitrag sei gut, aber die Beschränkungen in der Höhe und auf Mitglieder verhindere, dass er zu einem echten Preis wird. Das sollten sich alle Zusatzbeitragszahler hinter die Ohren schreiben: Sie werde immer einen unechten Preis zahlen - was immer das sein mag.
• Die vier Krankheitsökonomen vermissen den Einstieg in die Kopfpauschale - spätestens hier wird klar, wohin die Reise eigentlich gehen soll.

Neben weiteren Kritikpunkten vermissen die Sprecher der DGGÖ selbstverständlich auch Wettbewerbselemente nicht nur im Krankenhauswesen, sondern vor allem bei den Krankenkassen und fordern eine weitere Flexibilisierung aller Vertragsgestaltungsbedingungen. Besonders bedenkenswert liest sich dabei der Satz: " Der Wettbewerb zwischen den Krankenkassen könnte hier als Entdeckungsverfahren wirken, ...". Das ist wirklich eine intellektuelle Höchstleistung: Abenteuerspielplatz Gesundheitswesen für abgehobene Wirtschaftstheoretiker. Dass dabei Viele auf der Strecke bleiben und kläglich am System scheitern werden, kommt den Herren nicht in den Sinn - sie haben ja ihre Festanstellung auf Lebenszeit und lassen sich ihre Professorengehälter zum Teil noch stattlich von der Pharma-Industrie aufstocken. Vielleicht würde da mal ein Blick in Länder wie Chile, Kolumbien oder auch in die Schweiz helfen, und zwei jenseits ökonomischer Modellrechnungen und Zahlenkolonnen auf das, was sich mache Bürger nicht leisten können oder sie in die Armut treibt.

Auch wenn man angesichts solcher Statements schon arge Zweifel an der wissenschaftlichen Zurechnungsfähigkeit einer ganzen Fachgesellschaft bekommen kann - es gibt auch andere Stimmen im Land. Spät, aber dennoch reagierten Rolf Rosenbrock, der Leiter der Forschungsgruppe Public Health am Wissenschaftszentrum Berlin (WZB), und Hartmut Reiners, ein gesundheitspolitischer Pragmatiker mit langjähriger Berufserfahrung in Ministerien und nicht in Elfenbeintürmen. Ihr Vorwurf an die vier Wirtschaftsprofessoren lautet kurz und prägnant: "Ihre Presseerklärung enthält eine ganze Reihe von Aussagen, die auf empirisch widerlegten Ideologemen beruhen ". In ihrem Anfang Januar 2011 an die DGGÖ geschickten offenen Brief stellen Rosenbrock und Reiners die Kernaussagen und vor allem die wissenschaftliche Grundlage der DGGÖ-Presseerklärung in Frage: "Es ist absolut legitim, gesellschaftspolitische Positionen zu beziehen, nicht jedoch, diese als wissenschaftliche Paradigmen zu tarnen ".

Auf insgesamt acht Seiten setzen sich die beiden Autoren mit unverkennbarer Liebe zum Detail mit den Forderungen, Wünschen und Kritikpunkten der vier Ökonomen auseinander. Beispielsweise mit der aufgeworfenen Forderung nach mehr Transparenz und den unterstellten Effekten: "Es erscheint uns seltsam, diesen angeblichen Transparenzgewinn als einziges Kriterium in der ordnungspolitischen (und damit zutiefst ökonomischen) Grundfrage Steuer- und Beitragfinanzierung zu wählen. Warum soll diese Transparenz für die Versicherten überhaupt wichtig sein? Doch wohl nur, wenn man annimmt, sie würden sonst Leistungen ohne Grund und Not in Anspruch genommen. Auf welchem wissenschaftlichen Fundament steht diese Aussage? Wo sind die empirischen Befunde über relevantes moral hazard-Verhalten durch die Versicherten der GKV? Und noch mehr: wo sind die Befunde die zeigen, dass einem solchen Verhalten - so es denn wirklich relevant ist - durch mehr Transparenz über die Quellen des GKV-Budgets beizukommen sei?"

Auch zur Forderung nach Einfrieren des Arbeitgeberbeitrags auf niedrigem Niveau schreiben Rosenbrock und Reiners den Autoren mangelnde Wissenschaftlichkeit in Stammbuch: "Sie stellen hier einen Zusammenhang von GKV-Ausgaben und Arbeitskosten her, der in mehrfacher Hinsicht wissenschaftlich nicht belegbar ist und eher einer Presseerklärung des Arbeitgeberverbandes entspricht als der einer wissenschaftlichen Fachgesellschaft." Weiter geht es mit der Bedeutung des Zusatzbeitrags als "echter Preis": "Mit dem Postulat, der Zusatzbeitrag müsse ein "echter Preis"sein, machen Sie die Erfüllung eines Dogmas der neoklassischen Preistheorie zum Maß der Dinge und nicht die Lösung realer Probleme. Was, bitte schön, macht einen "echten" Preis aus? Und was ist dann ein "unechter"?

Auch bei der Grundsatzfrage des Einstiegs in ein neues Finanzierungsmodell sind der Leiter der Public-Health-Abteilung im WZB und der Autor des für ForumsleserInnen zweifellos überaus informativen und spannenden Buches Mythen der Gesundheitspolitiknicht zimperlich in ihrer kritik an der DGGÖ-Erklärung: "Im Gegensatz zu Ihnen sind wir aber keineswegs der Meinung, dass die Regierung ... eine langfristige Strategie vermissen (lässt), ob der Ausbau der Zusatzbeiträge einen Einstieg in die Gesundheitsprämie bedeuten soll oder nicht. Haben Sie wirklich nicht verstanden, dass die im GKVFinG enthaltene Konstruktion des Zusatzbeitrages und des Sozialausgleichs der pfeilgerade Weg in die (von Ihnen gewünschte?) "Gesundheitsprämie" ist, und zwar letztlich ohne einen Sozialausgleich?" Die Autoren bieten sogleich Nachhilfe an. Wer ihre Ausführungen zu dieser und zu anderen Thesen der vier Wirtschaftsprofessoren genauer kennen lernen möchte, sollte lieber selber nachlesen.

Dafür stellen wir auf dieser Seite sowohl die Presseerklärung der DGGO als auch den offenen Brief von Rolf Rosenbrock und Hartmut Reiners zum Download zur Verfügung.

Mittlerweile liegt auch eine Antwort des Vorsitzenden der DGGÖ} vor, die per Mail an die beiden Autoren des offenen Briefs ging. Unter dem Hinweis, "die Homepage der DGGÖ (sei) nicht als Plattform für kontroverse Diskussionen gedacht", geht das Antwortschreiben des DGGÖ-Vorstands auf zweieinhalb Einzelpunkte ein und versucht, sie eher lustlos zu widerlegen. Eine inhaltliche Auseinandersetzung sieht anders aus. Aber die glaubt manch einer im DGGÖ-Vorstand ohnehin nicht nötig zu haben, sondern wähnt sich über jeden Zweifel erhaben. Selbst bei den abstrusesten Vorstellungen und Ansätze fordert man schlicht die Umkehr der Beweislast. So behauptet DGGÖ-Vorstandsmitgöied Stefan Felder in einem Interview im KVH Journal, Gesundheitsökonomen müssten ihre Thesen gar nicht belegen: "Nicht wir Ökonomen müssen etwas nachweisen. Die Leistungserbringer, die Kassen und ihre Verbände müssen begründete Argumente vorbringen, weshalb im Gesundheitsbereich andere Regeln gelten sollen als im übrigen Teil der Wirtschaft." Hier können Sie auch die gesamte Februar-Ausgabe 2009 der Mitgliederzeitschrift der Kassenärztlichen Vereinigung Hamburg herunterladen.

Angesichts solcher und anderer Einschätzungen muss man die Forderung von Wirtschaftsressort-Chef Robert von Heusinger am Ende seiner Analyse Ökonomen auf dem Holzweg in der Berliner Zeitung bzw. der Frankfurter Rundschau wohl auch auf eine andere Sparte der Wirtschaftswissenschaften übertragen: Deutschland braucht dringend neue Gesundheitsökonomen. Und - ebenfalls in Anlehnung an von Heusinger - empiriegestützte Aufklärung anstatt glaubensbasierter und selbstreferenzieller Folklore.

Jens Holst, 13.1.11