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Patienten
Gesundheitsversorgung: Analysen, Vergleiche


Medizinische Prävention ist nicht genug (25.10.23)
GKV-Versicherte warten 15 Tage länger auf einen Dermatologen-/Neurologentermin als PKV-Versicherte (17.10.23)
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Höheres Sterberisiko bei COVID-19 für Menschen aus benachteiligten Regionen in Schottland

Artikel 2704 Unterschiedliche Auswirkungen der SARS-CoV-2-Pandemie auf unterschiedliche Bevölkerungsgruppen sind bekannt. Die wichtigsten Prognosefaktoren sind neben dem Alter Vorerkrankungen von Herz, Lunge, Leber, Nieren und Krebserkrankungen. Die höhere Prävalenz dieser chronischen Erkrankungen für Personen mit niedrigerem sozioökonomischem Status ist bekannt und gut dokumentiert (Klemperer 2020, S. 193 ff.). Allein aus diesem Grund verteilen sich auch die mit dem SARS-CoV-2 einhergehenden Risiken sozial ungleich.

Eine schottische Studie hat dies anhand aller 735 COVID-19-Patienten dokumentiert, die zwischen dem 1.3. und 20.6.2020 in Schottland auf einer Intensivstation behandelt wurden.

Grundlage der Studie sind umfangreiche demographische und gesundheitliche Daten der 735 Patienten, die mit der sozialen Situation ihres Wohnortes in Beziehung gesetzt wurden.
Die soziale Situation wurde mit dem Scottish Index of Multiple Deprivation 2020 abgebildet. Mit diesem Index werden Daten zu Einkommen, Beschäftigung, Bildung, Gesundheit, Zugang zu öffentlichen Dienstleistungen, Kriminalität und Wohnen kleinräumig für etwa 7000 Bezirke mit jeweils 700-800 Einwohnern erfasst. Die Bezirke werden in eine Rangfolge gebracht und in Quintile - also in fünf Gruppen von jeweils 20% der Bezirke - von der günstigsten bis zur ungünstigsten sozialen Situation eingeteilt. Einen entsprechenden Index, den German Index of Socioeconomic Deprivation (GISD), hat das RKI für Deutschland entwickelt.

Die Sterblichkeit innerhalb von 30 Tagen nach der Aufnahme auf die Intensivstation betrug für alle Patienten 34,8%. Für Patienten aus den sozial am stärksten benachteiligten Bezirken war das Sterberisiko fast doppelt so hoch im Vergleich zu Patienten aus den sozial günstigsten Bezirken. In diesem Wert waren Unterschiede in den Variablen Alter, Geschlecht und Ethnizität statistisch ausgeglichen (adjustiert). Auch nach zusätzlicher Adjustierung des Prognosefaktors Vorerkrankungen war das Sterberisiko immer noch um fast 80% erhöht.

Damit einher ging die schlechtere Versorgung mit Intensivbetten in den benachteiligten Regionen. Perioden von Überlastung, in denen das Bettenangebot niedriger war als der Bedarf, hielten in den am meisten benachteiligten Bezirken länger an. Der Zusammenhang von Überlastung des Versorgungssyystems, schlechterer Versorgungsqualität und erhöhter Mortalität ist aus früheren Studien bekannt.

Der Schluss liegt somit nahe, dass neben dem schlechteren Gesundheitszustand zum Zeitpunkt der Aufnahme auf die Intensivstation die unzureichende Infrastruktur für eine intensivmedizinischer Versorgung die Sterberaten für sozial benachteiligte Patienten in Schottland erhöht.


Lone NI, McPeake J, Stewart NI, Blayney MC, Seem RC, Donaldson L, et al. Influence of socioeconomic deprivation on interventions and outcomes for patients admitted with COVID-19 to critical care units in Scotland: A national cohort study. The Lancet Regional Health - Europe. 2020. Veröffentlicht am 15.12.20208 Download

Scottish Index of Multiple Deprivation 2020

Sozioökonomischer Deprivationsindex für Deutschland / German Index of Socioeconomic Deprivation Link

Vertiefung: Zusatzkapitel Corona (fortlaufende Aktualisierung) zum Lehrbuch Sozialmedizin - Public Health - Gesundheitswissenschaften. 4. Auflage März 2020.   
Download: www.sozmad.de

David Klemperer, 21.12.20