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Patienten
Diagnosebezogene Fallgruppen DRG


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Unerwünschte Folgen der Fallpauschalen in Krankenhäusern für die Rehabilitation: Aktuelle Ergebnisse der REDIA-Studie

Artikel 1948 Die Zahl der Patienten, die bei Aufnahme in eine Rehabilitationsmaßnahme vermehrt unter Komplikationen litten sowie einen deutlich verschlechterten Gesundheits- und Mobilitätszustand aufwiesen, stieg seit der Einführung des Fallpauschalen- oder DRG-Systems in deutschen Akutkrankenhäusern stabil an.
So stieg etwa der der Anteil von Hüftpatienten, die wegen Schmerzen und geklammerten Wundnähten in der ersten Woche nicht an der Physiotherapie, also der eigentlichen Leistung in der Rehabilitation, teilnehmen konnten, von 5,6 % auf 39,4 %. Deutlich nahm auch der Medikationsaufwand in der Reha zu: die Verabreichung von Herz entlastenden Nitraten wuchs von 1,2 % (2003) auf 33,3 % (2010) und die Gabe von Schmerzpräparaten nahm von 4% auf 32 % zu. Die Einnahme von Blutverdünnern entwickelte sich gar von 3,1 % (2003) auf 57,4 % (2010) bei kardiologischen Patienten. Dies sind akutmedizinische Maßnahmen, die eigentlich nichts mehr in der Rehabilitationsphase zu suchen haben, d.h. deren Ziel beeinträchtigen kann.

Zusätzlich zu der offensichtlich zunehmenden Entlassung von noch akutmedizinisch behandlungsbedürftigen Patienten aus dem Krankenhaus in die Rehabilitation gab es aber auch noch vermehrt Probleme mit dem Verlegungs- oder Entlassungsmanagement der Krankenhäuser oder der sonstigen für eine nahtlose und zügige Versorgung verantwortlichen Akteure und Institutionen (z.B. auch die Gesetzliche Krankenversicherung.

Diese auch bereits im Berliner/Bremer Forschungsvorhaben "Wandel von Medizin und Pflege im DRG-System (WAMP)" mehrfach festgestellte unerwünschte Auswirkung oder nicht zu der DRG-Einführung passende Entwicklung führt u.a. zu einer Verlängerung der Übergangszeit zwischen Entlassung aus dem Krankenhaus und der Aufnahme in der Reha-Klinik führt. Diese häusliche Übergangszeit ist - so die REDIA-Studie - mit therapeutisch und ökonomisch relevanten Risiken verbunden: Häufig wird die Thromboseprophylaxe unterbrochen und die Wundversorgung erfolgt nicht fachgerecht; in 2003 waren 1,8% der kardiologischen Patienten von Komplikationen wie Pleuraerguß und Wundheilungsstörungen während der Übergangszeit betroffen, in 2010 dagegen 18%.

Das sind einige der gesicherten Erkenntnisse der aktuell veröffentlichten Ergebnisse der so genannten REDIA-Studie (REhabilitation und DIAgnosis Related Groups-Studie) aus dem Centrum für Krankenhaus-Management an der Universität Münster.
Die Mitarbeiter dieses Instituts gehören zu den wenigen WissenschaftlerInnengruppen, die trotz der jahrelangen Blockade des Beginns der gesetzlich vorgeschriebenen inhaltlich hochwertigen Begleitforschung begannen, die Auswirkungen der Einführung des Fallpauschalen-Vergütungssystems der Diagnosis related groups (DRG) zu erforschen. REDIA ist die einzige prospektive, multizentrische, zufallsgesteuerte Langzeitstudie über die Auswirkungen der DRG-Einführung im Akutbereich auf medizinische Leistungsanforderungen und Kosten in der Rehabilitation.

Mit Unterstützung der "Deutschen Rentenversicherung" untersuchten die Münsteraner Forscher seit 2003, ob die durch das DRG-System ausgelösten Aktivitäten, die Liegezeit und die Versorgungskosten in den Akutkrankenhäuser zu senken zu unerwünschten Effekten für andere Behandlungsbereiche und vor allem die PatientInnen führt.

Dies geschah in drei Erhebungsphasen 2003/04 vor DRG-Einführung;2005 und 2007 während der Konvergenzphase sowie 2009/10 und 2011 nach Ende der Konvergenzphase. Dabei wurden patientenindividuelle (Depression und Angst umfassende), medizinische (den Patientenzustand beschreibende), ökonomische (Arbeitsaufwand und Kosten berücksichtigende), entgeltbezogene (die Entwicklung der Vergütung von Reha-Leistungen zeigende) und systemische (die Anreizwirkungen von politischen Eingriffen in das Gesundheitssystem reflektierende) Daten von 956 Anschlussheilbehandlung (AHB)-Patienten der Kardiologie (Bypass-OP; Myokardinfarkt) und 1.334 Patienten der Orthopädie (Hüft-TEP; Knie-TEP; Bandscheiben-OP) in 27 ausgewählten stationären und ambulanten Reha—Einrichtungen erfasst. Die medizinischen Patientendaten (Laborwerte, Medikation, Morbidität) wurden über Fragebögen durch die behandelnden Ärzte erhoben. Die Patienten individuellen Daten zur persönlichen Befindlichkeit (Mobilität, Angst, Depression) wurden abgefragt bei Aufnahme des Patienten in die Reha sowie sechs Monate nach Entlassung.
Die Auswahl der Patienten erfolgte zufällig, so dass sowohl Patienten der Rentenversicherung als auch der gesetzlichen Krankenversicherung repräsentiert sind und die Scheregrade der Patienten sind zufallsverteilt abgebildet. Die darüber hinaus durchgeführte Strukturerhebung in Verbindung mit einer Mitarbeiterbefragung machte die Veränderungen im Arbeitsaufwand, in der Organisation sowie der baulichen und technischen Ausstattung transparent.

Die kompletten Ergebnisse der Studie finden sich in dem von Wilfried von Eiff, Stefan Schüring und Christopher Niehues verfassten Buch "REDIA: Auswirkungen der DRG-Einführung auf die medizinische Rehabilitation. Ergebnisse einer prospektiven medizin-ökonomischen Langzeitstudie 2003 bis 2011", das 2011 im LIT-Verlag Münster erschienen und im Buchhandel erhältlich ist.

Einen kostenlosen Überblick zu den genannten und weiteren Ergebnissen liefert unter dem Titel "Rehabilitation unter Kosten- und Qualitätsdruck Konsequenzen der DRG-Einführung für Patienten und Versorgungsstruktur" ein kurzer Text des Projektleiters Wilfried von Eiff.

Bernard Braun, 24.5.11