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Patienten
Diagnosebezogene Fallgruppen DRG


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Studie über Auswirkungen der DRG-Einführung in M-P.: "Erfolgreich" bei voller Transparenz! Bloß für wen und worüber?

Artikel 1906 Gemessen an ihrer Bedeutung für die Rahmenbedingungen der Gesundheitspolitik und die Versorgungs- und Arbeitsqualität in den deutschen Krankenhäusern, sind die erwünschten und unerwünschten Wirkungen der Einführung von DRGs oder diagnosebezogenen Fallpauschalen von wenigen Ausnahmen abgesehen immer noch zuwenig und/oder nur partiell oder einseitig erforscht. Bevor nur noch über das "System nach den DRG" geredet wird und bis zum 2013 mit den geplanten Tagespauschalen ein ähnliches Entgeltsystem in der bisher von DRG verschonten Psychiatrie eingeführt werden wird, lohnt jede überhaupt veröffentlichte Studie Beachtung.

Dies gilt auch für die von Falko Milski verfasste und jetzt veröffentlichte Dissertation zum Thema "Die DRG-Einführung in Deutschland - Analyse zu den Auswirkungen auf die Krankenhäuser eines Bundeslandes (Meckenburg-Vorpommern".

Zunächst hat auch die Untersuchung von Milski, der hauptberuflich Geschäftsführer eines Klinikunternehmens in diesem Bundesland war und ist, mit einer offensichtlich in vielen Krankenhäusern verbreiteten massiven methodischen Erkenntnisbarriere zu ringen gehabt. Selbst ihm gelang es nämlich nur "nach langer Überzeugungsarbeit", benötigte Daten und Informationen von seinen "KollegInnen" zu erhalten. Dies entspricht den Problemen anderer ForscherInnen beispielsweise qualitative Untersuchungen in privaten Kliniken durchführen zu dürfen. Insgesamt handelt es sich hier um anhaltende Hinweise darauf, was man vom Wettbewerbsversprechen, mehr Transparenz herzustellen, systematisch tatsächlich halten muss.

Was man sonst noch an bekannten und unbekannten Ergebnissen in dieser betriebswirtschaftlichen Dissertation findet, lässt sich entlang der 5 Hypothesen der Dissertation so zusammenfassen:

• Die Krankenhausverweildauer sinkt nach der DRG-Einführung (weiter), der von Milski geschätzte Wert von -10 % wurde aber erst später als erwartet erreicht.
• Die Behandlung von Erkrankten mit einer Erkrankung mit niedrigen Schweregraden und kurzer Verweildauer wird tendenziell ambulant behandelt. Die Anzahl der ambulanten Operationen innerhalb und außerhalb von Krankenhäusern nimmt daher zu. Dies schwächt u.a. den Effekt der Liegezeitverkürzung.
• Durch die Verkürzung der Liegezeiten werden "zusätzliche stationäre Behandlungskapazitäten" geschaffen, derentwegen "mehr Fälle versorgt werden (können)." Die Fallzahlen steigen daher im untersuchten Bundesland und bundesweit. Ob es diese Art Kausalzusammenhang wirklich gibt, auch schon vor Einführung der DRG also ein durch Demografie und Morbidität getragener Behandlungsbedarf sich vor den Toren der ausgelasteten Krankenhäuser un- oder fehlbehandelt gestaut hat, bleibt offen. Der Gedanke, dass es sich hier zum Teil um eine angebotsindizierte Nachfrage handeln könnte, taucht bei Milski nicht auf. Und gleich gar nicht stellt er sich die Frage, ob diese Kapazitäten samt anderer traditioneller Nachfragen nach stationären Leistungen nicht nutzlos und überflüssig sind. Müssen z.B. 95 % der Geburten oder ein großer Teil des Sterbens im Krankenhaus stattfinden? Beide Ereignisse finden in international vergleichbaren Ländern ohne bekannte Nachteile wesentlich weniger häufig in Krankenhäusern oder auch nicht unter der Hauptverantwortung von Ärzten statt.
• Die Erwartung, dass kleinere Krankenhäuser zu den "Gewinnern" der DRG gehören, bestätigt sich zumindest bei der Höhe des Gewinns nicht.
• Anders als von vielen Seiten erwartet, hat sich die Krankenhausplanung in Mecklenburg-Vorpommern seit der DRG-Einführung "nicht wesentlich verändert". Die Möglichkeiten der fallbezogenen Datenanalyse werden noch nicht berücksichtigt.
• Etwas überraschend wirkt die Zusammenfassung der Hypothesenüberprüfung: Insgesamt ist für Milski die DRG-Einführung "trotz vieler Unwägbarkeiten … erfolgreich verlaufen" und sind Erwartungen "auf eine umfassende Transparenz … vollständig" erfüllt worden.

Schaut man sich die Ergebnisse insgesamt an, wird klar, dass Milski mit seiner "Analyse zu den Auswirkungen" nur einen kleinen Sektor der möglichen Auswirkungen erfasst. Leider nutzt er nicht die Chance mit Hilfe seines Zugangs auch die Auswirkungen auf die Arbeitsbedingungen und die Versorgungsqualität für Patienten mit zu erfassen. Selbst wenn die Liegezeit weiter sinkt, die kleinen Krankenhäuser zu den "Gewinnern" aufsteigen und die DRG sogar künftig wichtige Impluse für die Krankenhaus-Planung liefern sollten, muss sich dies nicht positiv auf die Subjekte der stationären Versorgung und deren Interessen an guten Arbeitsbedingungen und guten Behandlungsergebnissen auswirken. Ob es dafür bereits jetzt Anzeichen gibt, muss aber bei jeder sich bietenden Gelegenheit untersucht werden.

Die Buchausgabe der sehr materialreichen Disseration "Die DRG-Einführung in Deutschland - Analyse zu den Auswirkungen auf die Krankenhäuser eines Bundeslandes (Meckenburg-Vorpommern" von Falko Milski (Verlag Peter Lang 2010, Reihe Europäische Hochschulschriften) ist leider weder insgesamt noch auszugsweise kostenlos zugänglich und muss daher von Interessenten für knapp 50 € käuflich erworben werden. Offensichtlich können Volks- und Betriebswirte einfach nicht über ihren merkantilen Schatten springen.

Bernard Braun, 5.2.11