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Patienten
Shared Decision Making, Partizipative Entscheidungsfindung


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Neues vom PSA-Screening Teil 2 von 2 - Früh erkannter Prostatakrebs: Komplikationen häufig bei aktiver Behandlung (27.10.16)
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Chemotherapie bei fortgeschrittenem Krebs: Ärzte lassen Patienten keine Wahl, aber Patienten merken es nicht (16.3.16)
Neue Krebsmedikamente 5: Fortgeschrittener Krebs - keine Chemotherapie ist auch eine Option (24.2.16)
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Schäden von Krebsfrüherkennung - 4 neuere Studien (19.2.15)
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Autoritäres Verhalten von Ärzten verhindert Shared Decision Making (16.6.12)
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Dramatische Wissenslücken: Ärzte und Früherkennung (13.3.12)
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Bessere Entscheidungen durch evidenzbasierte Informationen zur Darmkrebsfrüherkennung (7.6.11)
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Chemotherapie bei fortgeschrittenem Krebs: Ärzte lassen Patienten keine Wahl, aber Patienten merken es nicht

Artikel 2504 Spielt Shared Decision Making eine Rolle bei Entscheidungen über eine Zweit- und Drittlinienchemotherapie bei Patienten mit fortgeschrittenem Krebs, ist die Frage, der eine holländische Studie nachging.
Teilnehmer waren 14 Patienten mit metastasiertem Darmkrebs (mittlere Überlebenszeit 24 bis 28 Monate) bzw. mit einem nicht heilbaren Hirntumor (Glioblastom, mittlere Überlebenszeit 14 Monate) und ihre insgesamt 18 Ärzte. Eine Forscherin begleitete die Patienten bei ihren Arztbesuchen. Stand wegen Fortschreitens der Erkrankung unter Chemotherapie eine Entscheidung darüber an, ob oder ob nicht eine andersartige Chemotherapie durchgeführt werden sollte, wurden die Gespräche aufgezeichnet. Nach der Entscheidung wurden Patienten und Ärzte interviewt, um ihre Sicht des Entscheidungsprozesses offen zu legen.

Die Gespräche wurden daraufhin analysiert, inwieweit Elemente von SDM erkennbar waren.

Keiner der 14 Patienten erhielt Informationen über alle Behandlungsmöglichkeiten, einschließlich der Option, keine Anti-Tumor-Behandlung durchzuführen. Eher wurde Zweit- oder Drittlinien-Chemotherapie als einzige Möglichkeit angeboten. Einige Ärzte gaben an, die Chemotherapie bei Fortschreiten des Tumorwachstums für das einzig Richtige zu halten und den Verzicht auf eine Chemotherapie gar nicht erwogen zu haben.

Den Nutzen und Schaden der Chemotherapie besprachen die Ärzte zumeist mit ihren Patienten, wenn auch nicht ausführlich. Da sie die Option der Nicht-Fortführung nicht anboten, entfielen auch die entsprechenden Informationen über Nutzen und Schaden, so dass die Patienten zwischen Durchführung und Nicht-Durchführung nicht abwägen konnten. Einige Patienten stimmen der Therapie schon deshalb zu, weil sie befürchteten, die Entscheidung gegen eine Therapie zu bedauern, wenn die Erkrankung fortschreite.

Bei drei Patienten wurde die Therapie nicht fortgeführt. Diese Patienten gaben an, dass die geringe Wahrscheinlichkeit, das Tumorwachstum zu bremsen, die Beeinträchtigung der Lebensqualität nicht aufwiege. Ihre Entscheidung gründete allein auf Informationen darüber, die Therapie durchzuführen und nicht auch auf Informationen über die Nicht-Durchführung.

Auf die Erwartungen, Sorgen und Erfahrungen der Patienten im Rahmen des Entscheidungsprozesses gingen die Ärzte wenig oder überhaupt nicht ein und wenn, dann eher auf den körperlichen Zustand als auf die emotionale Befindlichkeit. Manche Patienten wünschten sich ein Gespräch, das mehr um ihre Person als allein um den Tumor ging. Der Gewinn an Lebenszeit wurde nicht explizit besprochen, so dass einige Patienten unrealistisch hohe Erwartungen in die Therapie setzten.

Insgesamt neigten die Ärzte stark dazu, die Fortführung der Therapie zu nahezulegen oder explizit empfehlen. Manche versuchten, die Patienten in die Entscheidung einzubeziehen, allerdings erst, nachdem sie ihre Empfehlung ausgesprochen hatten. Wenn Ärzte über Optionen sprachen, ging es stets um zwei gegen den Tumor gerichtete Therapie, wie Chemotherapie bzw. Chirurgie. Manche Ärzte waren gewillt, und hielten es für richtig, den Patienten die Entscheidung zu überlassen, hatten aber das Gefühl, dass diese sich überfordert fühlten.

Die meisten Patienten fühlten sich beteiligt, waren zufrieden mit dem Entscheidungsprozess und gaben an, dass der Rat des Arztes mir ihren Wünschen übereinstimmte und sie das letzte Wort gehabt hätten. Einige Patienten hätten sich jedoch präzisere Information und mehr Abwägung von Nutzen und Schaden gewünscht. Patienten, bei denen die Krankheit trotz Chemotherapie fortschritt, bedauerten die Entscheidung nicht, diejenigen bei denen die Krankheit stabil war, natürlich auch nicht.

Zusammenfassend waren Shared Decision Making-Elemente in Gesprächen über Therapieentscheidungen kaum zu beobachten. Trotzdem waren die Patienten weit überwiegend zufrieden mit dem Prozess und der Entscheidung und ihrer Beteiligung an der Entscheidung. Dies weist darauf hin, dass die Patienten nicht vermissen, was sie nicht kennen, nämlich die nicht-direktive präzise Darlegung der Optionen auf Grundlage der Evidenz zu patientenrelevanten Behandlungsergebnissen. Andere Studien zeigen, dass Patienten, die sich über den zu erwartenden Lebenszeitgewinn durch eine Therapie im Klaren sind, dies sehr wohl mit den Schäden, wie Beeinträchtigung der Lebensqualität abzuwägen wissen. Bei gegebener Aussicht auf Nutzen und Schaden entscheiden Patienten individuell sehr unterschiedlich (wir berichteten). Eine gute Entscheidung ist daher nur durch Shared Decision Making erreichbar.



Brom L, De Snoo-Trimp JC, Onwuteaka-Philipsen BD, et al. Challenges in shared decision making in advanced cancer care: a qualitative longitudinal observational and interview study. Health Expect 2015. (Abstract)

David Klemperer, 16.3.16