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Patienten
Shared Decision Making, Partizipative Entscheidungsfindung


Pro und Contra zum IQWiG-Bericht über den fehlenden Nutzen oder Schaden von "gemeinsamer Entscheidungsfindung" (18.11.23)
Resistenz gegenüber schlechter Beratung durch evidenzbasierte Informationen (26.5.20)
Ausgerechnet kurz vor Ostern: Eier wieder zurück auf der "Lieber-nicht-essen"-Liste! Schwierigkeiten der informierten Entscheidung (8.4.19)
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G-Trust oder Wie suche ich mir als Arzt die "richtige" Behandlungs-Leitlinie aus? (14.9.17)
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Neues vom PSA-Screening Teil 2 von 2 - Früh erkannter Prostatakrebs: Komplikationen häufig bei aktiver Behandlung (27.10.16)
Neues vom PSA-Screening Teil 1 von 2 - Früh erkannter Prostatakrebs: Sterblichkeit gering ohne und mit Behandlung (27.10.16)
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Neue Krebsmedikamente 5: Fortgeschrittener Krebs - keine Chemotherapie ist auch eine Option (24.2.16)
Beteiligung von Krebspatienten bei Behandlungsentscheidungen verbessert die Versorgungsqualität (6.8.15)
Schäden von Krebsfrüherkennung 4 - Mit Sicherheit nutzlos, trotzdem verbreitet: Krebsfrüherkennung bei Alten und Kranken (19.2.15)
Schäden von Krebsfrüherkennung 3 - "Falscher Alarm" bei Brustkrebsfrüherkennung bewirkt psychische Langzeitschäden (19.2.15)
Schäden von Krebsfrüherkennung 2 - Quantität und Qualität der Studien zu psychischen Folgen von Krebsfrüherkennung unzulänglich (19.2.15)
Schäden von Krebsfrüherkennung 1 - Schäden werden nicht ausreichend erforscht (19.2.15)
Schäden von Krebsfrüherkennung - 4 neuere Studien (19.2.15)
Wenn Risiken und Belastungen den Nutzen überwiegen: Ernährungssonden für demente PatientInnen oft nicht in derem Interesse (15.10.14)
Stabile KHK und PCI 4: Dramatische Fehleinschätzung des Nutzens auf Seiten der Patienten (13.9.14)
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Stabile KHK und PCI 2: Kardiologen informieren überwiegend falsch (9.9.14)
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Präferenzfehldiagnose bei Stentimplantation und beim Prostatakrebs (28.7.14)
55% der Bevölkerung wollen gemeinsame Entscheidungsfindung mit Ärzten! Über 50% meinen aber, noch nie etwas entschieden zu haben (25.6.14)
Unterschiedliche Prioritätensetzung erschwert gemeinsame Entscheidungsfindung: Das Beispiel Empfängnisverhütung. (12.6.14)
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Bessere Behandlungsergebnisse durch Information und Beteiligung (16.5.14)
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Vom Gesundheitsnutzen des Engagements und der Beteiligung von Patienten, und wie ungleich dies im 11-Ländervergleich aussieht. (19.7.12)
Autoritäres Verhalten von Ärzten verhindert Shared Decision Making (16.6.12)
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Wie lang und oft sollen der gesundheitliche Nutzen und die aufwandsenkende Wirkung von Patientenzentrierung noch bewiesen werden? (24.10.11)
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Bessere Entscheidungen durch evidenzbasierte Informationen zur Darmkrebsfrüherkennung (7.6.11)
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Falsche Annahmen führen zu Skepsis gegenüber der Evidenzbasierten Medizin (3.6.10)
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Maßnahmen zur Stärkung der Patientenbeteiligung greifen bei älteren Patienten bislang kaum (19.3.2007)
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Shared Decision Making (SDM) - Was Patienten heute in der ärztlichen Sprechstunde erwarten (30.7.2005)

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Präferenzfehldiagnose bei Stentimplantation und beim Prostatakrebs

Artikel 2378 Eine präferenzsensitive Entscheidungssituation liegt vor, wenn es für ein medizinisches Problem mehr als eine Möglichkeit gibt, angemessen damit umzugehen. Dann sollten Patienten umfassend über die unterschiedlichen Vorgehensweisen informiert werden, damit sie jeweils Nutzen und Schaden abwägen können. Einseitige Informationen sind mit dem Recht auf Selbstbestimmung und mit der Autonomie des Patienten nicht vereinbar. Stimmen Patienten einem Eingriff nur zu, weil ihnen relevante Informationen vorenthalten wurden, liegt der Entscheidung eine Präferenzfehldiagnose zugrunde (wir berichteten)..

Zwei klassische Beispiele für präferenzsensitive Entscheidungen sind die Implantation eines Stents (Gefäßprothese) in eine Herzkranzarterie bei der stabilen, also nicht akuten koronaren Herzkrankheit (Verengung von einem oder von mehreren Herzkranzgefäßen) (wir berichteten) sowie die Behandlung des Prostatakarzinoms (wir berichteten).

Der Stent als zusätzliche Maßnahme zur medikamentösen Behandlung dient bei der stabilen koronaren Herzkrankheit allein zur Linderung der Symptome. Ein Stent hat nach heutigem Wissen keinen Einfluss auf das Risiko eines Herzinfarktes oder auf die Lebenserwartung.

Beim Prostatakarzinom stehen verschiedene Behandlungsmethoden zu Verfügung, neben der Operation die Brachytherapie (interne Bestrahlung), die externe Strahlentherapie und das beobachtende Abwarten. Nach bisherigem Wissen tragen Operation und Bestrahlung, wenn überhaupt, dann nur wenig zur Verbesserung des Überlebens bei - dem bestenfalls geringen Nutzen stehen jedoch gravierend Schäden gegenüber, wie Impotenz und Inkontinenz.

Patienten, die auf einen Stent verzichten bzw. ihr Prostatakarzinom nicht mit Operation oder Bestrahlung behandeln lassen, verschlechtern ihre Prognose also nicht.

Fowler und Kolleginnen befragten 114 Patienten, die einen Stent und 342 Patienten, die eine Prostataoperation erhalten hatten, danach, ob die Ärzte sie in gleichem Maße über den durchgeführten Eingriff wie über andere Vorgehensweisen informiert hatten. Der Eingriff hatte im Durchschnitt 14 Monate vorher stattgefunden.

54% der Stent-Patienten gaben an, im Monat vor dem Eingriff keinen Schmerz im Brustkorb oder im Arm gehabt zu haben, also bezüglich der Verengung eines Herzkranzgefäßverengung beschwerdefrei gewesen zu sein. Bei ihnen gab es somit medizinisch keinen Grund, einen Stent einzusetzen. 10% gaben an, vom Arzt über andere Behandlungsmöglichkeiten - Bypass-Operation oder medikamentöse Behandlung - informiert worden zu sein. Nur 6% sind über die alleinige medikamentöse Behandlung als ernsthaft zu erwägende Option informiert worden.
77% gaben an, vom Arzt ausführlich ("a lot") über den Stent informiert woden zu sein während 19% angaben, der Arzt habe sie ausführlich ("a lot") oder etwas ("some") darüber informiert, was gegen den Eingriff spricht. Nur 16% gaben an, nach ihrer Behandlungspräferenz gefragt worden zu sein.

Beim Prostatakarzinom 64% der Patienten gaben an, dass der Arzt mindestens eine andere Behandlungsform ernsthaft mit ihnen besprochen habe, bei einem Drittel das beobachtende Abwarten. Bei 95% besprach der Arzt die Operation, bei 63% sprach er über Argumente gegen Operation. 76% der Patienten gaben an, dass der Arzt sie nach ihrer Präferenz gefragt habe.

Die ethisch unabdingbare Präferenzklärung bei der Entscheidungsfindung zur Frage der Stent-Implantation bei Patienten mit stabiler koronarer Herzkrankheit war in dieser Studie eher die Ausnahme als die Regel.
Auch beim Prostatakarzinom brachten die Ärzte die Gründe für die Operation häufiger zur Sprache als die Gründe dagegen. Häufiger als beim Stent informierten Ärzte die Patienten über andere Behandlungsformen, trotzdem erhielten nur ein Drittel Informationen über das beobachten und nur drei Viertel wurden nach Präferenz befragt.

Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass Ärzte in dieser Studie kommunikative und ethische Standards nicht einhalten. Ethisch besonders gravierend erscheint es, dass ein Teil der Patienten dem jeweiligen Eingriff nur zugestimmt hat, weil ihm relevante Informationen vorenthalten wurden.

Es dürfte nahe liegen, das von den Autoren entwickelte Befragungsinstrument (siehe Anhang) zur Qualitätssicherung des Entscheidungsprozesses einzusetzen.


Fowler F, Jr., Gallagher P, Bynum JW, Barry MJ, Lucas FL, Skinner JS. Decision-Making Process Reported by Medicare Patients Who Had Coronary Artery Stenting or Surgery for Prostate Cancer. Journal of General Internal Medicine 2012;27(8):911-16.
Volltext Open Access

Mulley AG, Trimble C, Elwyn G. Stop the silent misdiagnosis: patients' preferences matter. BMJ 2012;345. Link

Forum Gesundheitspolitik. Bessere Behandlungsergebnisse durch Information und Beteiligung Link





Anhang
Four survey questions are the focus of this analysis:

1. Before this (INTERVENTION), did a doctor talk with you about (EACH ALTERNATIVE)?
1a. IF YES, Did the doctor talk about (EACH ALTERNATIVE) as a choice to seriously consider?
Alternatives to prostate surgery were external beam radiation, radioactive seed implants, and not having active treatment right away. The alternatives to stents were CABG and using medicine only.

2. Before the (INTERVENTION) how much did a doctor talk with you about the reasons to have (INTERVENTION) — a lot, some, a little, or not at all?

3. Before the (INTERVENTION), how much did a doctor talk with you about why you might not want to have (INTERVENTION) — a lot, some, a little, not at all?

4. Before this (INTERVENTION) did a doctor ask you if you wanted to have (INTERVENTION) instead of doing something else to manage your (CONDITION)?

David Klemperer, 28.7.14