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96,4% des in NRW untersuchten Mastgeflügels mit Antibiotika behandelt. Nie erfolgte dies in Kleinbetrieben mit längerer Mastdauer.

Artikel 2038 Auch wenn jetzt der öffentliche Aufschrei auf einen am 14. November 2011 veröffentlichten Bericht des NRW-Verbraucherschutzministeriums groß ist und eigentlich alle Beteiligten, Verantwortlichen und Betroffenen "rasche und entschiedene Maßnahmen" fordern: Das Problem des Antibiotika-Einsatzes in der Tierzucht und das der wachsenden Anzahl der u.a. dadurch resistent gewordenen Krankheitserreger ist mindestens schon zwei, drei Jahrzehnte bekannt und taucht etwa zusammen oder in bunter Reihe mit dem Tranquilizereinsatz bei Schweinen und weiteren vergleichbaren Tierpharma-Usancen regelmäßig im Skandal-Zirkus auf. Genauso regelmäßig verschwindet aber der Skandal wieder, nicht ohne Appelle und Versprechungen der Mastbetriebe, ihren Verbänden und den approbierten Pharmadealern, so etwas nie wieder zu tun.

Ein Indiz für das Dauerproblem sind die mit einer Ausnahme auch in den letzten Jahren stetig gegenüber dem Vorjahr steigenden Mengen von für die "Tiergesundheit" eingesetzten Antibiotika: Für das Jahr 2005 schätzte der Bundesverband für Tiergesundheit und berichtete am 1. September 2011 die Bundesregierung auf eine Anfrage von Bündnis 90/Die Grünen, dass 784,4 Tonnen Antibiotika verabreicht worden sind. Das war gegenüber 2004 eine Zunahme um 8,8%. 2006 stieg der Verbrauch um 7%, 2007 um 9,2%, 2008 um 1%, um 2009 sogar einmal um 2,5% abzunehmen, die aber 2010 durch eine erneute Zunahme um 2% zum größten Teil wieder aufgeholt wurde. Bisher wurde aber von Seiten der Politik wenig getan, um das datengestützte Problembewusstsein zu fördern. In der seit Januar 2011 geführten bundeseinheitlichen DIMDI-Datenbank zu den nach Postleitzahlen aufgeschlüsselten Arzneimittelverwendungen war und ist die Geflügelwirtschaft ausgenommen.

Der Untersuchung des "Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen" liegen die "Daten von 962 Mastdurchgängen und von 182 verschiedenen Betrieben in NRW innerhalb des Zeitraums von Februar bis Juni 2011" zugrunde. Die amtlichen Experten halten dies, ohne dass ihnen bisher jemand direkt widersprach, für eine "belastbare Datengrundlage". Nebenbei erfährt man, dass allein in den nordrhein-westfälischen Hühnermastbetrieben jährlich fast 57 Millionen Tiere gehalten und geschlachtet werden. Die Betriebsgröße schwankt zwischen 3.400 und 170.000 Tieren.

Das Fazit der 10-seitigen Expertise ist an Deutlichkeit nicht zu übertreffen und lautet im Wortlaut:

• "Die Haltung von Masthühnern erfolgte bei 163 (17 %) aller Mastdurchgänge bzw. in 18 (10 %) der ausgewerteten Betriebe durchgehend ohne den Einsatz von antimikrobiellen Substanzen. Auffallend ist, dass auf diesen 10 % der Betriebe lediglich 3,6 % der Tiere gehalten wurden, also 96,4% der Masthühner einer antibiotischen Behandlung unterzogen wurden."
• "Bei den erfassten Mastdurchgängen mit Antibiotikaeinsatz kam eine Vielzahl von Wirkstoffen zum Teil zeitgleich zum Einsatz (1-8 Wirkstoffe pro Mastdurchgang) und die jeweilige Behandlungsdauer eines Wirkstoffes lag bei 53 % (924 von 1748) der Behandlungen mit 1-2 Tagen deutlich unter den Zulassungsbedingungen der verabreichten Wirkstoffe." Dies ist vor allem deshalb gefährlich, weil durch diese zu kurze Behandlung Bakterien Resistenzen entwickeln können.
• "Bei kleinen Betrieben (<20.000 Tiere) und bei einer Mastdauer >45 Tage wurde eine signifikant geringere Behandlungsintensität (Dauer, Anzahl der Wirkstoffe) festgestellt. Ein genereller Zusammenhang zwischen Behandlungsintensität und Betriebsgröße war auf Basis der Einzelbetriebsdaten dagegen nicht erkennbar."
• "Die dargestellte Situation, wonach über 96 % der Masthühner behandelt werden, ist nicht akzeptabel und legt den Schluss nahe, dass das Haltungssystem nicht den Vorgaben des Tierschutzgesetzes entspricht, da die angemessene Ernährung, Pflege und verhaltensgerechte Unterbringung in Frage gestellt werden muss."

Unklar bleibt, ob der Antibiotika-Einsatz als Wachstumsförderung stattfindet, und damit seit 2006 ausdrücklich verboten ist, oder als Gesundheitsförderung bzw. Krankheitsprophylaxe. Angesichts der oberen Betriebsgrößen und dem damit verbundenen Risiko einer Masseninfektion aufgrund der Massenhaltung, dürfte letzteres das Hauptmotiv für den Antibiotika-Einsatz sein.

Die Reaktion des "Zentralverbands der Deutschen Geflügelwirtschaft" und des "Deutschen Bauernverbandes" ist als Musterbeispiel für Problemvernebelung lesenswert: Natürlich "nehmen (wir) diese Ergebnisse sehr ernst" und starten jetzt "in enger Abstimmung mit der Tierärzteschaft ein Monitoring-Programm innerhalb des QS-Systems". Dabei geht es aber lediglich darum, dass der "im EU-Vergleich ohnehin niedrige Antibiotika-Einsatz weiter minimiert" wird. Und im Übrigen könne trotz "der ermittelten Antibiotikagaben Geflügelfleisch bedenkenlos verzehrt werden". Deswegen und aus ein paar Gründen mehr "sollte die Auseinandersetzung mit den Erkenntnissen über den Antibiotika-Einsatz beim Hähnchen auch nicht im Zusammenhang mit dem Thema Antibiotikaresistenzen missbraucht werden."

Und wer ein großes Merkzettelbrett hat, sollte die folgende Schlusspassage der Verbändeerklärung mindestens 5 Jahre lang dort hängen lassen: "'Die Ergebnisse der Studie (aus NRW) machen einmal mehr deutlich, dass eine verlässliche Auswertung vorhandener Daten bisher nicht möglich ist - das muss nun unverzüglich angegangen werden', fordert DBV-Generalsekretär Dr. Born. Die Wirtschaft ergreift daher die Initiative und hat die Etablierung eines eigenen Monitoringsystems für Antibiotikagaben in der Geflügelaufzucht in die Wege geleitet. Eine Meldepflicht besteht ohnehin schon: DBV und ZDG machen deutlich, dass bereits seit zehn Jahren alle tierhaltenden Betriebe in Deutschland verpflichtet sind, jeden Einsatz von Tierarzneimitteln zu dokumentieren. Zudem müssen die Betriebsleiter den Amtsveterinären jederzeit Einsicht in diese Unterlagen geben. Darüber hinausgehend soll das von der Geflügelwirtschaft initiierte QS-Monitoring eine verlässliche bundesweite Auswertung als Grundlage für eine Reduzierung des Antibiotika-Einsatzes liefern: So hat sich die deutsche Geflügelwirtschaft auf die Zielvereinbarung verständigt, durch Verbesserungen im Tierhaltungsmanagement den Antibiotika-Einsatz in den kommenden fünf Jahren um 30 Prozent zu verringern.

Den "Abschlussbericht. Evaluierung des Antibiotikaeinsatzes in der Hähnchenhaltung gibt es kostenlos herunterzuladen.

Und wem bisher nicht der Appetit vergangen ist: Weitere Informationen, Debatten und Erklärungen aus den letzten Jahren und diverse Links findet man auf der Antibiotika-Themenseite des Verbraucherschutzministeriums. Zwei Beispiele: "Mehr Gewicht in kürzerer Zeit: Um 1,6 Kilogramm zuzunehmen brauchte ein Masthähnchen 1970 noch 48 Tage. 2007 waren es nur noch 27 Tage" und "Zwischen 1985 und 2007 stieg das durchschnittliche Gewicht bei Masthähnchen um 61 Prozent."

Bernard Braun, 16.11.11