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Versorgungsforschung: Krebs


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Auch nach 20 Jahren: Kein signifikanter Nutzen des PSA-Tests zur Senkung des Risikos an Prostatakrebs zu versterben zu entdecken!

Artikel 1927 Der schon bisher vielstimmige Chor der Stimmen, die vor allzu überzogenen Erwartungen an den Nutzen des als Screeningmethode zur Messung des Risikos von Prostatakrebs empfohlenen PSA-Test (vgl. dazu auch mehrere Belege vgl. u.a. "Die Kernfrage ist nicht, ob das PSA-Screening effektiv ist, sondern ob es mehr nützt als schadet." - Neues und Widersprüchliches. in diesem Forum) warnten, wird seit wenigen Tagen durch die Ergebnisse einer in Schweden über 20 Jahre lang durchgeführten Studie kräftig verstärkt.

Die Länge des Beobachtungszeitraums ist deshalb wichtig, weil bei der Diskussion der PSA-kritischen Ergebnisse früherer Studien häufig der prinzipiell auch berechtigte Einwand eine Rolle spielte, die positiven Effekte des Tests würden erst nach längerer Zeit auftreten.

Ziel der Studie war zu bewerten, ob das regelmäßige Screening nach Anzeichen von Prostatakrebs der härteste Endpunkt einer solchen Untersuchung, nämlich die spezifische Sterblichkeit an Prostatakrebs in einem derart langen Zeitraum reduziert wird. An der Studie nahmen alle im Jahr 1987 50 bis 69 Jahre alten Männer in der schwedischen Mittelstadt Norrköpping teil. 1.494 Angehörige der Studiengruppe (jeder sechste Mann nach seinem Geburtsdatum) wurden zufällig für die Interventionsgruppe ausgewählt und mussten sich zwischen 1987 und 1996 jedes dritte Jahr auf Anzeichen eines Prostata-Karzinoms untersuchen lassen. Bis 1993 geschah dies durch eine digitale rektale Untersuchung, danach mittels des PSA-Tests. Die prostatakrebsspezifische Mortalität wurde samt genauerer Merkmale des Karzinoms und der Behandlungen bis zum 31. Dezember 2008 erhoben. Die Kontrollgruppe bestand aus den 7.532 restlichen Männern der 50-69jährigen Grundgesamtheit.

Die Ergebnisse lauteten:

• An den vier Screeningaktionen nahm ein von 78% auf minimal 70% sinkender Teil der Untersuchungsgruppe teil.
• In der Screeninggruppe erkrankten 85 Personen (5,7%) an Prostatakarzinom. In der Kontrollgruppe gab es 292 Erkrankte (3,9%). Rund die Hälfte der Tumore wurde in der Screeningsgruppe zwischen den Screeningterminen entdeckt. Auffällig war außerdem eine doppelt so hohe Entdeckungsrate von meist nicht großen oder extrem aggressiven lokalen Tumoren in der Screeninggruppe. Bei der Häufigkeit von Tumoren, die nicht lokal begrenzt also zum Teil deutlich gefährlicher waren als lokale Tumore, unterschieden sich die beiden Gruppen praktisch nicht.
• Die Gesamtmortalität bei Männern mit einem Prostatakarzinom betrug innerhalb der Untersuchungszeit bei den Angehörigen der Screeninggruppe 81% (69 von 85) und 86% (252 von 292) in der Kontrollgruppe.
• Weder die Überlebenszeit bei einer Krebserkrankung der Prostata noch die Gesamt-Überlebenszeit unterschied sich zwischen den beiden Gruppen signifikant.
• Um einen Todesfall wegen eines Prostatakarzinoms zu verhindern, müssen 1.410 Männer untersucht und 48 behandelt werden.
• Das relative Risiko ("risk ratio") für den Tod durch ein Prostatakarzinom betrug innerhalb der 20 Beobachtungsjahre 1,16, d.h. das Risiko an dieser Erkrankung zu versterben war in der Screeninggruppe höher als in der Kontrollgruppe, war aber statistisch nicht signifikant (Konfidenzintervall 0,78 bis 1,73). Da auch weitere Risikoindikatoren für das Prostatakrebs-Sterblichkeitsrisiko, wie beispielsweise das "hazard ratio" teilweise keine signifikanten Unterschiede zwischen der Sterblichkeit in beiden Gruppen zu Tage förderten, kommen die AutorInnen zu dem Schluss, das "screening for prostate cancer did not seem to have a significant effect on mortality" und die Indikatorwerte "did not indicate significant benefit from prostate cancer screening".
• Dem Mangel an signifikantem Nutzen des Screenings für ein längeres Leben mit Prostatakrebs steht ein beträchtliches Risiko zur Überentdeckung ("overdetection") von zum Teil (noch) harmlosem Krebs und einer Überbehandlung ("overtreatment") mit den bekannten und häufig auftretenden unerwünschten Nebenwirkungen (u.a. Impotenz und Inkontinenz) bei den Angehörigen der Screeninggruppe gegenüber.

Dass die Debatte über den Nutzen des PSA-Tests auch mit dieser Studie kein Ende hat, fördern die AutorInnen durch zwei weitere Überlegungen selbst: Zum einen weisen sie trotz der fehlenden Signifikanz zunächst darauf hin, es sei unmöglich, dass das Screening "more than a third" der Mortalität reduziere, dies könnte ("could") aber sein. Egal ob dies zutrifft oder nicht bestünde aber dann trotzdem das Risiko der Überentdeckung und nebenwirkungsreichen Behandlung von Tumoren. Zum anderen ist aber auch die Größe der schwedischen Studienpopulation "not sufficient to draw definite conclusions".

Was die Ergebnisse aber in jedem Fall liefern, sind massive Hinweise von der ungebremsten Nutzung des PSA-Tests als vermeintlich garantiert nützlicher Methode Abstand zu nehmen, das spezifische Sterblichkeitsrisiko gesichert zu verringern.

Der komplette Text des Aufsatzes "Randomised prostate cancer screening trial:20year follow-up" von Gabriel Sandblom, Eberhard Varenhorst, Johan Rosell, Owe Lofman, und Per Carlsson ist im März 2011 online im "British Medical Journal (BMJ)" (2011;342:d1539 doi:10.1136/bmj.d1539) veröffentlicht und kostenlos erhältlich.

Bernard Braun, 5.4.11