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Versorgungsforschung: Geburt, Kaiserschnitt


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Erhöhtes Asthmarisiko für geplante und Notfall-Kaiserschnittgeborene

Artikel 1400 Vor allem bei Kaiserschnittgeburten per Wunsch oder Plan sind sich die betreffenden Eltern und ihre Ärzte meist sicher, dass es sich um eine doch relativ normale, nur etwas beschleunigte und belastungsfreiere aber keineswegs mit gravierenden unerwünschten Folgen für Mutter und/oder Kind verbundene Entbindungsmethode handelt.
Angesichts der auch in Deutschland deutlichen anwachsenden Häufigkeit von Kaiserschnittgeburten sollten Ergebnisse, die diese verharmlosende Einstellung irritieren oder massiv widerlegen, mit erhöhter Aufmerksamkeit zur Kenntnis genommen werden.

Dies gilt dann auch für die Ergebnisse des im Juli 2008 in der Fachzeitschrift "The Journal of Pediatrics" (Volume 153, Issue 1: 112-116) veröffentlichten Aufsatzes "Cesarean Section and Risk of Severe Childhood Asthma: A Population-Based Cohort Study" von Tollanes MC, Moster D. Daltveit AK und Irgens LM.

Ausgangspunkt dieser Studie war die Beobachtung einer in Norwegen, wie in anderen westlichen Ländern, parallelen Zunahme der Prävalenz von Kinderasthma und der Rate von Kaiserschnitten. In Norwegen stieg die Kaiserschnittrate von 2% in 1967 auf 15,4% in 2004 und dem folgte in etwa die Häufigkeit des Asthams von Kindern.

Die Ergebnisse beruhen auf einer Auswertung der Daten von 1.756.700 Millionen im "Medical Birth Registry" des Public Health-Instituts Norwegens in der Zeit von 1967 bis 1998 registrierten Erst-Geburtsfälle bzw. Erstgeborenen. Die gesundheitliche Entwicklung und die Behandlungsgeschichte wurde für jeden Teilnehmer bis zu seinem 18. Lebensjahr oder bis zum Jahr 2002 dokumentiert. Die Teilnehmer wurden nach der Art der Geburt unterschieden, d.h. ob sie spontan oder mittels Instrumenten (z.B. Saugglocke) vaginal oder als Notfall oder geplant per Kaiserschnitt geboren wurden. Bei den Teilnehmern wurde gezielt mit Daten der Nationalen Krankenversicherung nach dem Auftreten von Asthma gesucht.

Die kumulative Inzidenz (Neuauftreten) von Asthma betrug insgesamt 4 Fälle pro 1.000 Personen. Kinder, die mit einem Kaiserschnitt entbunden worden waren, hatten ein um 52 % erhöhtes Risiko an Asthma zu erkranken als spontan vaginal, also "natürlich" zur Welt gekommene Kinder bzw. im weiteren Zeitverlauf junge Erwachsene. Das Auftreten von Asthma unterschied sich für die zwischen 1988 und 1998 (nur in diesem Zeitraum wurde nach Notfall- und Plan-Kaiserschnitt unterschieden) per Kaiserschnitt geborenen Personen nochmals deutlich: Notfall-Kaiserschnittgeborene hatten gegen "natürlich" Geborene ein um 59% und Plan-Kaiserschnittgeborene ein um 42% erhöhtes Asthmarisiko. Kinder, die z. B. mit einer Saugglocke geboren wurden, hatten ein leicht erhöhtes Asthmarisiko.

Woran das spürbar höhere Risiko von Kindern, die per Kaiserschnitt auf die Welt kamen, an Asthma zu erkranken liegen könnte, führen die Forscher auf zwei Faktoren zurück:

• Erstens sind Kaiserschnittkinder während der Entbindung nicht den mütterlichen Bakterien im natürlichen Geburtskanal ausgesetzt, die eine wesentliche Funktion bei der Herausbildung und Stärke des kindlichen Immunsystems spielen. Die "initial colonization with the 'wrong' microbes" des Operationssaales bei Kaiserschnittgeburten kann langfristig unerwünschte Auswirkungen auf das kindliche Immunsystem haben.
• Zweitens bewirken bestimmte Bedingungen einer Kaiserschnittentbindung (z.B. eine unvollkommene Entleerung der kindlichen Lungen von bestimmten Gasen) eine Reihe von Atmungsprobleme, die wiederum langfristige Auswirkungen auf das Auftreten von Asthma haben können. Warum Kinder, die per Notfall-Kaiserschnitt entbunden wurden eine höhere Asthmainzidenz haben als per Plan operativ Geborene, ist allerdings mit diesen Theorien nicht zu erklären.

Wie viele anderen methodisch ähnlichen Studien leidet auch diese darunter, dass sie trotz des großen Aufwandes keine weiteren möglichen Risikofaktoren für Asthma berücksichtigt hat. Für eine jüngere Vermutung eines Zusammenhangs von Asthma und Stillen gab es nach Angaben der norwegischen Forscher keine überzeugende empirische Evidenz. Ähnliches trifft auf mögliche Zusammenhänge mit dem Rauchverhalten der Eltern oder für eine nicht berücksichtigte Asthmaerkrankung der Mutter zu. Zu diesen bereits von Tollanes et al. konzedierten Lücken käme noch der soziale Status oder die Wohngegend der heranwachsenden Kinder hinzu, die in anderen Studien auch als mögliche Einflussfaktoren identifiziert wurden.

Trotz allem liefert die Studie wichtige Hinweise auf das Asthmarisikos für Kaiserschnitt-Kinder, das insbesondere bei geplanten Kaiserschnittgeburten ernsthaft thematisiert und abgewogen werden sollten.

Über die Ergebnisse des Aufsatzes "Cesarean Section and Risk of Severe Childhood Asthma: A Population-Based Cohort Study" von Tollanes MC, Moster D. Daltveit AK und Irgens LM gibt es sowohl einAbstract als auch ein 6-seitige Komplettfassung- beide kostenlos.

Bernard Braun, 16.11.08