Home | Patienten | Gesundheitssystem | International | GKV | Prävention | Epidemiologie | Websites | Meilensteine | Impressum

Sitemap erstellen RSS-Feed

RSS-Feed
abonnieren


Weitere Artikel aus der Rubrik
Patienten
Zwei-Klassen-Medizin


Keine ökonomisch motivierte Medizin in Krankenhäusern!? Aber "besonders auffällige Mengenentwicklungen" müssen erforscht werden! (14.10.13)
Subjektive Gründe für Zugangsprobleme zur gesundheitlichen Versorgung? Zur Bedeutung der Annahme, Zugangsbarrieren seien "normal". (21.6.11)
Gesundheitsversorgung und Krankenversicherungsschutz für Frauen in den USA - bedarfsfern, unsozial und unwirtschaftlich. (18.5.11)
Innenleben der "Zwei-Klassen-Medizin: Arzneimittel und PKV=wirtschaftlich, innovativ, wirksam, qualitativ hochwertig? Eher nicht! (27.4.10)
Australische Studie stellt große soziale Ungleichheit fest bei der Versorgung von Patienten mit Angina pectoris (13.1.10)
Große Mehrheit der Bevölkerung erkennt im Gesundheitssystem Merkmale einer "Zwei-Klassen-Medizin" - nicht nur bei Wartezeiten (24.10.2009)
Gibt es eine "Zwei-Klassen-Medizin" in Deutschland? Die meisten Ärzte sagen in einer Umfrage "ja" (11.9.09)
Wissenschaftler: Das deutsche Krankenversicherungs - System mit privater und gesetzlicher Kasse ist in Europa heute die Ausnahme (20.7.09)
Der Verzicht auf medizinische Versorgungsleistungen: In unteren Sozialschichten weitaus stärker ausgeprägt (3.5.09)
Wartezeiten auf einen Arzttermin: Erneut zeigt eine Studie, dass Privatpatienten gegenüber GKV-Versicherten besser gestellt sind (28.6.2008)
Neue Befunde zur Zwei-Klassen-Medizin: Auch auf eine Krankenhaus-Behandlung warten GKV-Versicherte länger (10.4.2008)
Oberschicht-Angehörige erhalten nach einem Herzinfarkt öfter eine bessere medizinische Versorgung - und leben danach länger (5.2.2008)
Arme Kassenpatienten, glücklich, wer privat krankenversichert ist? (4.12.2007)
Bevölkerung befürchtet Zuspitzung der Zwei-Klassen-Medizin durch Gesundheitsreform (1.12.2006)
Kanada: Teure Diagnoseverfahren werden Oberschicht-Patienten häufiger verordnet (14.11.2005)

Seite mit den Texten aller Artikel aufrufen:
Zwei-Klassen-Medizin
 

Andere Rubriken in "Patienten"


Gesundheitsversorgung: Analysen, Vergleiche

Arzneimittel, Medikamente

Einflussnahme der Pharma-Industrie

Arzneimittel-Information

Hausärztliche und ambulante Versorgung

Krankenhaus, stationäre Versorgung

Diagnosebezogene Fallgruppen DRG

Rehabilitation, Kuren

Kranken- und Altenpflege, ältere Patienten

Umfragen zur Pflege, Bevökerungsmeinungen

Schnittstellen, Integrierte Versorgung

Disease Management (DMP), Qualitätssicherung

Leitlinien, evidenzbasierte Medizin (EBM)

Verhaltenssteuerung (Arzt, Patient), Zuzahlungen, Praxisgebühr

Arztberuf, ärztl. Aus- und Fortbildung

IGeL Individuelle Gesundheitsleistungen

Alternative Medizin, Komplementärmedizin

Arzt-Patient-Kommunikation

Patienteninformation, Entscheidungshilfen (Decision Aids)

Shared Decision Making, Partizipative Entscheidungsfindung

Klinikführer, Ärztewegweiser

Internet, Callcenter, Beratungsstellen

Patienteninteressen

Patientensicherheit, Behandlungsfehler

Zwei-Klassen-Medizin

Versorgungsforschung: Übergreifende Studien

Versorgungsforschung: Diabetes, Bluthochdruck

Versorgungsforschung: Krebs

Versorgungsforschung: Psychische Erkrankungen

Versorgungsforschung: Geburt, Kaiserschnitt

Versorgungsforschung: Andere Erkrankungen

Sonstige Themen



Australische Studie stellt große soziale Ungleichheit fest bei der Versorgung von Patienten mit Angina pectoris

Artikel 1708 Eine große Zahl von Studien aus den USA hat gezeigt, dass dort ein hohes Maß an sozialer Ungleichheit feststellbar ist, was die Qualität der medizinischen Versorgung anbetrifft. Angehörige unterer Sozialschichten und ethnischer Minderheiten werden dort bei einer Vielzahl von Erkrankungen benachteiligt (vgl. hier die Kurzfassungen vieler Studien im Forum Gesundheitspolitik, Rubrik: USA: Soziale Ungleichheit). Ein zentraler Grund dafür ist allerdings der fehlende Krankenversicherungsschutz dieser Bevölkerungsgruppen. In Staaten, die für alle Bürger eine Krankenversicherungspflicht eingeführt haben oder ein umfassendes Recht auf medizinische Versorgung, findet man daher kaum einmal Studien, die solche soziale Ungleichheiten in der medizinischen Versorgung nachweisen, die ausschließlich mit der sozio-ökonomischen Stellung der Patienten zusammenhängen.

Einige wenige Ausnahmen hierzu fand man bislang unter anderem in Kanada, wo man herausfand: Teure Diagnoseverfahren werden Oberschicht-Patienten häufiger verordnet oder in Schweden, wo eine Studie ergab: Oberschicht-Angehörige erhalten nach einem Herzinfarkt öfter eine bessere medizinische Versorgung - und leben danach länger.

Jetzt hat eine australische Studie diese Liste erweitert und gezeigt: Patienten mit Angina pectoris erhalten bestimmte, therapeutisch sinnvolle, aber relative kostenträchtige Diagnose- und Therapieverfahren deutlich häufiger, wenn sie einen hohen sozialen Status haben, also der Oberschicht und nicht der Mittel- oder Unterschicht angehören. Dieser Effekt zeigte sich auch dann, wenn die Wissenschaftler in sogenannten multivariaten Analysen den potentiellen Einfluss anderer Faktoren (unter anderem: Art des Krankenhauses, private oder andere Krankenversicherung des Patienten, Alter, Geschlecht, Begleiterkrankungen usw.) mitberücksichtigten.

Basis der Studie waren medizinische Versorgungsdaten von knapp 2 Millionen Menschen aus West-Australien. Herausgefiltert wurden Daten von Patienten, die in den Jahren 2001-2003 wegen eines Herzinfarkts oder Angina pectoris in einem Krankenhaus behandelt worden sind. Bei ihnen wurde dann überprüft, welche diagnostischen und therapeutischen Verfahren im weiteren Verlauf eingesetzt wurden. Dabei konzentrierte man sich auf einige wenige Prozeduren: Bypass-Operation (Überbrückung verengter oder verstopfter Herzkranzgefäße durch eine Umleitung), Angiographie (Darstellung von Blutgefäßen durch diagnostische Bildgebungsverfahren) und Angioplastie (Erweiterung verengter Blutgefäße durch dort eingeführte Katheter).

In der Auswertung der Daten zeigte sich dann in multivariaten Analysen, die auch andere Einflussfaktoren mitberücksichtigten:
• Bei einem Herzinfarkt (Myokardinfarkt) ergaben sich keine Unterschiede des weiteren medizinischen Vorgehens, die allein auf den sozio-ökonomischen Status der Patienten zurückzuführen waren
• Bei der Diagnose "Angina pectoris" waren solche Unterschiede jedoch durchaus feststellbar: Im Vergleich zu Unterschicht-Patienten erhielten solche aus der Oberschicht häufiger angiographische Verfahren (etwa um 11% häufiger), um 30% häufiger Bypass-Operationen und um 52% häufiger angioplastische Maßnahmen.
• Die Unterschiede waren nur begrenzt darauf zurückzuführen, dass mit dem sozioökonomischen Status auch die Häufigkeit einer privaten Krankenversicherung stieg.
• Darüber hinaus fand die Studie auch heraus, dass Unterschicht-Patienten ohne private Krankenversicherung erheblich länger auf eine medizinische Behandlung warten mussten.

Die Wissenschaftler diskutieren in der Bilanz ihrer Befunde eine Vielzahl potentieller Erklärung, von denen jedoch keine völlig befriedigend ist. So beziehen sie hier auch folgende Merkmale von Unterschicht-Patienten als mögliche Einflussfaktoren ein: Höhere Risikofaktoren (Rauchen, Übergewicht, spätere Klinikeinweisung), geringere Nutzung von Fachärzten, die eher Empfehlungen aussprechen für die genannten speziellen Verfahren. Auch unterschiedliche Ein stellungen von Ärzten gegenüber Unter- bzw. Oberschicht-Patienten könnten nach Meinung der Studien-Autoren eine Rolle spielen.

Die Studie ist im Volltext von dieser Seite aus verfügt: Rosemary J Korda, Mark S Clements, Chris W Kelman: Universal health care no guarantee of equity: Comparison of socioeconomic inequalities in the receipt of coronary procedures in patients with acute myocardial infarction and angina (BMC Public Health 2009, 9:460doi:10.1186/1471-2458-9-460)

Gerd Marstedt, 13.1.10