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Arzneimittelinformationen für Patienten: Massive Kritik an der standardisierten Einheits-Information des Beipackzettels

Artikel 0837 Eine Meta-Analyse von knapp 30 wissenschaftlichen Veröffentlichungen über Arzneimittel-Informationen hat jetzt unter anderem gezeigt, dass die gängige Praxis, nur eine einzige standardisierte Information (in Form des Beipackzettels) zu erstellen, die unterschiedlichen Interessen von Patienten völlig missachtet. Die Erwartungen und Informationsinteressen von Patienten, denen ein Medikament verschrieben wurde, unterscheiden sich wie Tag und Nacht. Einige bevorzugen sehr detaillierte, andere eher knappe Auskünfte, einige möchten nur Hinweise bekommen über die Dosierung und Einnahmezeiten, andere ganz genau wissen, welche Funktion das Medikament im Rahmen ihrer Erkrankung hat. Daher, so die Autoren der Studie, wären solche Informationsbroschüren sehr viel nützlicher, die der Arzt nach dem Sprechstundentermin speziell auf die Informationsbedürfnisse des einzelnen Patienten vom Computer zuschneiden lässt und ihm übergibt.

Patienten erhalten Arzneimittel-Informationen in Europa fast nur in Form der vom Pharma-Unternehmen erstellten Beipackzettel , sieht man einmal von Websites ab, wie zum Beispiel die Seite "Medikamente im Test" der Stiftung Warentest, die Bewertungen von über 9.000 Medikamenten zum (kostenpflichtigen) Download bereit hält. Eine große Zahl von Studien hat in der letzten Zeit deutlich gemacht, dass diese Medikamenten-Beipackzettel aus Verbrauchersicht erhebliche Mängel aufweisen, etwa die deutsche Studie des WIdO (vgl. Medikamenten-Beipackzettel: Zu lang, unverständlich, angsteinflößend) oder eine englische Meta-Studie (vgl. Studie zeigt gravierende Mängel bei Arzneimittel-Information für Patienten auf).

Aus diesem Grund hat jetzt eine englische Forschungsgruppe noch einmal wissenschaftliche Veröffentlichungen neu zusammengefasst, die sich speziell mit der Bedeutung von Arzneimittelinformationen für Patienten, also deren Erwartungen und Informationsmotiven, beschäftigt haben. Insgesamt 27 Studien flossen in ihre Meta-Analyse ein. Herausgekommen sind einige neue Erkenntnisse, die für die Pharma-Industrie ebenso wie für Ärzte und Einrichtungen im Gesundheitswesen erhebliche praktische Bedeutung haben.

Die möglicherweise wichtigste Erkenntnis heißt: "Informationsbedürfnisse verändern sich im Zeitablauf während einer Erkrankung und variieren auch erheblich zwischen einzelnen Patienten. Von daher ist das Konzept einer standardisierten und einheitlichen Broschüre, die in der Lage ist, alle oder fast alle Interessen zu befriedigen, unrealistisch. Viele Patienten möchten darüber hinaus Informationen, die ihre Erkrankung mit einbeziehen. Die aktuell gängigen Beipackzettel beschäftigen sich jedoch mit Medikamenten, und nicht mit Krankheiten. Von Computern erstellte Informationsbroschüren, die in der Sprechstunde dem Patienten ausgehändigt werden, würden es demgegenüber ermöglichen, auf den einzelnen Patienten, seine speziellen Bedingungen und Interessen einzugehen." (S. 295)

Diese Konsequenz lässt sich ableiten aus Forschungsbefunden zu den sehr unterschiedlichen Informationsgewohnheiten und -interessen von Patienten. So zeigt sich in sechs Studien, dass ausführliche und detaillierte Beschreibungen gegenüber knappen und verdichteten Hinweisen bevorzugt werden. In zwei anderen Studien hingegen wurde eine zu umfangreiche Information kritisiert. Eine Studie fand heraus, dass 67% der Befragten eine eher knappe Darstellung bevorzugen, zugleich möchten jedoch 88% auch, dass die Darstellung leicht verständlich ist.

Fragen, die sich Patienten stellen, wenn ihnen ein Medikament verschrieben wird, sind sehr unterschiedlicher Natur, unter anderem betreffen sie die folgenden Aspekte: Ist dieses Medikament für meine Erkrankung geeignet? Gibt es noch andere Behandlungsmöglichkeiten, mit oder ohne Arzneimittel? Wann und wie oft muss ich das Mittel einnehmen und über welche Zeitdauer? Was genau bewirkt das Medikament? Was passiert, wenn ich die Einnahme vergesse oder bewusst darauf verzichte? Was spüre ich, wenn ich das Medikament eingenommen habe? Welche Nebenwirkungen gibt es und was ist zu beachten, wenn noch andere Medikamente eingenommen werden? Welche Risiken gibt es bei einer länger dauernden Einnahme?

Das Informationsinteresse verändert sich im Verlaufe der Erkrankung und der Medikamenten-Einnahme. Zu einem späteren Zeitpunkt werden oftmals andere Fragen gestellt als zu Beginn einer Erkrankung - der Beipackzettel ist jedoch derselbe. So ist nicht verwunderlich, dass in den Studien zwar 60-95% der Befragten angaben, dass sie die Information auch (teils flüchtig, teils genau) gelesen hätten, jedoch nur ein einziges Mal nach der ersten Verordnung.

Hinsichtlich der unterschiedlich Erkenntnisinteressen der einzelnen Studien sind zwei unterschiedliche Richtungen erkennbar. Ein Typus von Studien ist eher daran interessiert, Informationen so zu gestalten, dass Patienten sich auch an die Einnahmevorschriften halten - also eine hohe "Compliance" oder "Adherence" an den Tag legen. Ein anderer Typus möchte Patienten eher dazu befähigen, Nutzen und Risiken des Arzneimittels und auch seine Wirkung zu verstehen, um so stärker eingebunden zu werden in die "Partizipative Entscheidungsfindung" (Shared Decision Making ) bei der Therapieentscheidung.

Die Meta-Analyse zählt noch eine Reihe weiterer Erkenntnisse auf, unter anderem:
• das von einigen Patientengruppen artikulierte Misstrauen an der Zuverlässigkeit und Vertrauenswürdigkeit der von Pharma-Unternehmen erstellten Informationen,
• die generelle Abneigung einiger (meist älterer) Patienten gegenüber schriftlichen Informationen und die bei ihnen eindeutige Bevorzugung mündlicher Aufklärung durch den Arzt,
• das spezielle Interesse einer Reihe von Befragungsteilnehmern, durch Lektüre der Beipackzettel genauere - und vom Arzt nicht mitgeteilte - Auskünfte über ihre Diagnose und Krankheit zu erhalten.

Ein kostenloses Abstract der Studie ist hier zu finden: Janet Grime u.a.: The role and value of written information for patients about individual medicines: a systematic review (Health Expectations, Volume 10 Issue 3 Page 286-298, September 2007)
Der inhaltlich sehr viel aufschlussreichere Volltext des Artikels mit umfangreichen Literaturangaben ist leider kostenpflichtig, bzw. setzt ein Abo bei "Wiley Interscience" voraus

Gerd Marstedt, 7.8.2007