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Kinder und Jugendliche


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Rasche Aufnahme von Nahrung schadet durchfallkranken Kindern in der 3. Welt nicht. Nachdenkliches zu einem Cochrane Review

Artikel 1985 Manche noch so korrekten und aufschlussreichen wissensachaftlichen Erkenntnisse hinterlassen einen bitteren Geschmack, erzeugen Ratlosigkeit und ein Gefühl davon, wo der Sinn von Wissenschaft endet. Dies ist leider auch im folgenden Beispiel eines gerade erschienenen Cochrane-Reviews über die richtige Ernährung durchfallerkrankter Kinder in der Dritten Welt der Fall.

Wer jemals ein Land in der Dritten Welt besucht hat und sich außerhalb der Touristenghettos bewegte, wird selbst in den Hauptstädten mit den mehr oder weniger dramatischen Symptome des akuten infektiösen Durchfalls konfrontiert worden sein - als einer der verbreitesten Erkrankungen und Todesursachen von Millionen von Kindern in der Dritten Welt. Und auch die gerade wieder einmal zyklisch in den Nachrichten auftauchenden abgemagerten oder verhungernden Kinder in Ostafrika litten oder leiden u.a. an Durchfallerkrankungen mit dem damit verbundenen beträchtlichen Flüssigkeitsverlust.
Sofern es überhaupt etwas zu essen gibt(!!!), war bisher ungeklärt, ob akut durchfallerkrankten Kindern zusätzlich zu der absolut notwendigen Wiederaufnahme und -anreicherung mit Flüssigkeit feste Nahrung bereits sehr früh (unmittelbar nach Beginn oder innerhalb der ersten 12 Stunden nach Beginn der Rehydration) oder erst nach einiger Zeit (12 bis 48 Stunden nach Beginn der Dehydration) angeboten werden durfte. Insbesondere diejenigen welche die frühe Aufnahme praktizierten, befürchteten häufig massive und ebenfalls unerwünschte bis lebensbedrohende Abwehrreaktionen wie Erbrechen, die Notwendigkeit außerplanmäßiger intravenöser Flüssigkeitszufuhr oder auch eine Chronifizierung des Durchfalls.

Seit dem 7. Juli 2011 liefert ein diese Frage bearbeitender Cochrane-Review eine Antwort: Es gab bezogen auf die befürchteten Risiken bei Kindern unter 10 Jahren keinen signifikanten Folgen-Unterschied zwischen früher und späterer Aufnahme fester Nahrung. Positiv ausgedrückt gibt es keine Evidenz dafür, dass ein früher Beginn der Aufnahme fester Nahrung parallel zur Flüssigkeitsaufnahme die befürchteten Risiken oder unerwünschten Folgewirkungen erhöht.
Ungeklärt blieb aber und damit beginnen die Schattenseiten, welche Art von fester Nahrung den größten gesundheitlichen Nutzen erzielt. Es ist zu befürchten, dass zu dieser Frage weitere Jahre vergehen, um sie auf dem methodisch hohen Niveau eines Cochrane-Reviews, also auf der Basis einer Metaanalyse von randomisierten kontrollierten Studien beantworten zu können.

Wie unwahrscheinlich dies aber möglicherweise ist, zeigt sich, wenn man die empirische Basis für den immerhin erstellten Review näher betrachtet. Denn für ein Problem, das wahrscheinlich für mehr als 100 Millionen Kinder in der Dritten Welt und die Zukunft ihrer Länder existentielle Bedeutung hat, fanden die Cochrane-Reviewer gerade einmal 12 RCTs mit 1.283 TeilnehmerInnen. Und dies reichte quantitativ bereits im jetzigen Review nicht aus, um alle wichtigen Fragen abschließend zu beantworten. Während es zu den seltensten Erkrankungen bei Bewohnern Westeuropas und Nordamerikas in der Regel eine ausreichende Anzahl von Studien und natürlich Therapieangebote gibt, werden die in der Dritten Welt vorherrschenden Erkrankungen nicht nur unzulänglich versorgt (vgl. hierzu allein die Unterbewertung- und beachtung der Malaria), sondern auch bereits forschungsmäßig unterversorgt. Vielleicht reagieren aber Forscher auch angesichts des Nahrungsmangels in der Dritten Welt nur zynisch und meinen, es sei sinn- und nutzlos unter diesen Bedingungen über die richtige Ernährung zu forschen.

Und angesichts der Tatsache, dass weltweit alle fünf Sekunden ein Kind unter 10 Jahren verhungert und dabei meist eine Durchfallerkrankung die Auszehrung beschleunigt, stellt sich auch ernsthaft die Frage, welche Bedeutung hier Gesundheitsforschung und -versorgung haben. Denn für Kinder, die wegen absoluten Nahrungsmangels unterernährt sind, ist die Frage ob sie früh oder spät die eine oder andere Nahrung aufnehmen dürfen schlicht und einfach sinnlos.

Um was es dabei jenseits von Gesundheitsforschung und -politik mit Vorrang geht, hat der Schweizer Soziologie Jean Ziegler in der ihm eigenen drastischen Diktion in einer "nicht gehaltenen Rede zur Eröffnung der Salzburger Festspiele" gestützt auf die Berichte der Welternährungsorganisation der UN, u.a. so zusammengefasst: "Die Weltlandwirtschaft (könnte) in der heutigen Phase ihrer Entwicklung problemlos das Doppelte der Weltbevölkerung normal ernähren …. Schlussfolgerung: Es gibt keinen objektiven Mangel, also keine Fatalität für das tägliche Massaker des Hungers, das in eisiger Normalität vor sich geht. Ein Kind, das an Hunger stirbt, wird ermordet."

Zu dem Cochrane-Review "Early versus Delayed Refeeding for Children with Acute Diarrhoea" von Gregorio GV, Dans LF und Silvestre MA (Cochrane Database of Systematic Reviews 2011, Issue 7) gibt es kostenlos nur das gewohnt längere Abstract.
Die Rede von Jean Ziegler kann komplett und kostenlos von der Website der Süddeutschen Zeitung vom 24.7. 2011 heruntergeladen werden.

Bernard Braun, 27.7.11