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USA - Soziale Ungleichheit


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Auch dies sind Ernährungsprobleme von US-Bürgern: Unzureichende Nahrungsaufnahme aus Geldmangel

Artikel 1676 Beim Thema Ernährung stehen viele Länder und Regionen dieser Erde nahezu reflexartig für Unterernährung, Hunger und Völlerei oder ernährungsbedingtes Übergewicht und Fettsucht. Dass es sich dabei manchmal um ein einseitiges Bild mit sehr praktischen Konsequenzen handelt, wird oft nicht bedacht. Dies gilt aus aktuellem Anlass auch für die Ernährungsverhältnisse in den USA als einer wichtigen Bedingung für Gesundheit und Gesundheitsversorgung. Das Thema Ernährung in den USA wird spontan und zunehmend mit dem Problem ernährungsbedingter Fehl-, Überernährung und Fettsucht und möglichen präventiven und kurativen Gegenmaßnahmen assoziiert.

Ein gerade vom "Economic Research Service" des US-Landwirtschaftsministeriums veröffentlichter Report belegt jetzt nachdrücklich mit entsprechenden Daten für das Jahr 2008, dass es sich dabei nur um einen Teil der Wahrheit bzw. Ernährungsrealität in den USA handelt. Danach hatten 85% der us-amerikanischen Haushalte das gesamte Jahr Zugang zu einer für ein aktives, gesundes Leben notwendigen Nahrungsmittelmenge für sämtliche Haushaltsmitglieder.

Für 14,6 % aller US-Haushalte war die Ernährungssicherheit aber mindestens einige Zeit im Jahr 2008 nicht gewährleistet. Sie war in 5,7 % dieser Haushalte sehr niedrig, was bedeutet, dass die Nahrungsaufnahme für eines oder mehrere Haushaltsmitglieder mehrere Male stark einschränkt war und ihre Essgewohnheiten ebenfalls oftmals unterbrochen werden mussten. Ständiger Grund war der Geldmangel oder fehlende andere Ressourcen für Nahrungsmittel. Die beiden Problemgruppen waren noch 2007 sichtbar kleiner, nämlich 11,1% und 4,1%. Seit 1995, dem Jahr, in dem es den ersten nationalen Nahrungs- und Ernährungssurvey in den USA gab, sind die Verhältnisse des Jahres 2008 die schlechtesten.

Was Ernährungsunsicherheit bedeutet, lässt sich daran ermessen, dass Haushalte, deren Ernährungslage gesichert war, 31% mehr für Nahrungsmittel ausgaben als die typischen Haushalte mit Ernährungsproblemen - bei gleicher Größe und Zusammensetzung. 55% der Haushalte mit Ernährungsproblemen nahmen an einem der drei größten von 15 nationalen Unterstützungsprogramme für Nahrung und Ernährung teil. Dies sind "The Supplemental Nutrition Assistance Program (SNAP)", das früher als "Food Stamp Program" bezeichnet wurde, das "National School Lunch Program" und das "Special Supplemental Nutrition Program for Women, Infants, and Children (WIC)".

Die so genannten "food stamps", d.h. in der Regel eine Plastikkarte, die beim Einkauf vorzulegen ist, sind aus ihrer anfänglichen Bedeutung als äußerste Hilfe für vorübergehende Notlagen zu einer dauerhaften Hilfe für mehr als 36 Millionen BürgerInnen geworden, also einem Achtel aller US-BürgerInnen und einem Viertel aller Kinder unter 18 Jahren, überhaupt Grundnahrungsmittel wie Milch, Brot und Käse einkaufen zu können. Unter dem Einfluss der wirtschaftlichen Krise wächst diese Anzahl um täglich 20.000 Menschen.

Nach einer am 29.11.2009 veröffentlichten Analyse der "New York Times", verteilt sich die Ernährungsunsicherheit innerhalb der USA und zwischen unterschiedlichen sozialen Gruppen sehr unterschiedlich. So erhalten in 239 "counties" (das können Stadtteile wie die Bronx in New York oder Philadelphia mit Millionen von Einwohnern oder ländliche Gemeindebezirke mit 10.000 Einwohnern sein) der USA mindestens ein Viertel der Bevölkerung food stamps. In mehr als 750 counties kann sich ein Drittel der schwarzen BürgerInnen nur mit food stamps ernähren. In mehr als 800 counties helfen food stamps einem Drittel der Kinder, etwas zum Essen zu haben. In einigen Großstädten im Verlaufe des Mississippi wie St. Louis, Memphis und New Orleans erhalten mehr als die Hälfte der Kinder Lebensmittelmarken. Die aktuelle Situation ist nicht nur Ausdruck der immer schon bedeutenden Armutsrate in den USA, sondern insbesondere ihr Wachstum ist auch Folge der aktuellen Immobilienkrise.

Hinzu kommt, dass die jetzt veröffentlichten Werte die wirklichen Verhältnisse keineswegs vollständig anzeigen. In einer Analyse der "State Food Stamp Participation Rates in 2006" zitieren die Autoren Untersuchungen nach denen in jenem Jahr nur rund 67% aller bedürftigen Personen food stamps beantragen oder erhalten. Diese Dunkelziffer dürfte sich nicht verändert haben und schwankte ebenfalls erheblich zwischen 50% in Kalifornien und 2% in Missouri. Dass damit die Ungleichheit beim Erhalt von Grundnahrungsmittel noch lange nicht ausreichend abgebildet ist, zeigt ein weiteres Detail der Versorgungssituation in 2006. Von der Gruppe der so genannten "working poor" erhielten USA-weit 57% food stamps - auch hier wieder mit erheblichen regionalen Unterschieden.

Und eine weitere Studie über die Betroffenheit von Armut, Ernährungsunsicherheit und food stamps im Lebensverlauf zwischen dem 20ten und 65ten Lebensjahr, zeigte eine zusätzliche Facette dieser Art sozialer Probleme in den USA: Knapp 75% aller Amerikaner werden mindestens ein Jahr in Armut oder Beinahe-Armut leben müssen. Noch mehr überraschte aber, dass zwei Drittel der US-BürgerInnen innerhalb dieser 45 Jahre mindestens einmal ein Wohlfahrtsprogramm wie das der food stamps in Anspruch nehmen müssen. Schließlich müssen 40% der AmerikanerInnen innerhalb ihrer Erwerbstätigkeitsphase in 5 oder mehr separaten Jahren ein Wohlfahrtsprogramm nutzen müssen. Dieses so genannte Lebenslaufrisiko für Armut hat von den 1970er bis zu den 1990er Jahren erheblich zugenommen.

Die speziellen Ergebnisse der gerade in der Fachzeitschrift "Archives of Pediatrics & Adolescent Medicine" (Arch Pediatr Adolesc Med. 2009;163(11):994-999) veröffentlichten Studie "Estimating the Risk of Food Stamp Use and Impoverishment During Childhood" stellen nach Meinung ihrer beiden Verfasser, Mark Rank und Thomas Hirschl, eine "essential information for the health care and social service communities" dar. Denn selbst eine begrenzte Erfahrung von Armut "can have detrimental effects upon a child's overall quality of health and well-being."

Die Ergebnisse beruhen auf einer Analyse der Daten der "Panel Study of Income Dynamics (PSID)", die seit 1968 eine repräsentative Auswahl amerikanischer Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen und ihre Familien im Längsschnitt zu ihren Armutserfahrungen befragt hat.

Zu den wesentlichen Ergebnissen zählen:

• 49,2% aller US-Kinder werden zu irgendwelchen Zeitpunkten ihrer Kindheit in einem Haushalt leben und ernährt werde, der dies nur mit food stamps schafft.
• Dies trifft auf 90% afroamerikanischer und 37% weißhäutiger bzw. kaukasischer Kinder zu.
• 91% der Kinder in Alleinerzieherhaushalten werden diese Erfahrungen machen. Kinder in Haushalten mit verheirateten Eltern erleben dies ebenfalls.
• Verschärft wird das Risiko dieser unerfreulichen Erfahrung noch durch die Kumulation von Merkmalen. Von den Kindern, die gleichzeitig schwarzhäutig sind, in Haushalten leben, deren "Oberhaupt" nicht verheiratet ist und weniger als 12 Jahre eine Schule besucht hat, leben zu 97% in einem Haushalt, in dem sie im Alter von 10 Jahren von food stamps leben müssen.

Der Report "Measuring Food Security in the United States. Household Food Security in the United States, 2008" von Mark Nord, Margaret Andrews, und Steven Carlson, sämtlich MitarbeiterInnen in unterschiedlichen Abteilungen des U.S. Department of Agriculture, umfasst 66 Seiten und ist komplett kostenlos erhältlich.

Bernard Braun, 29.11.09