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Versorgungsforschung: Geburt, Kaiserschnitt


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Schwangere nehmen zugunsten einer natürlichen Geburt höhere Risiken in Kauf - Ärzte tendieren schneller zum Kaiserschnitt

Artikel 1330 Schwangere Frauen, denen zum ersten Mal eine Geburt bevorsteht, nehmen im Vergleich zu Ärzten und Hebammen sehr viel höhere Risiken einer Vaginalgeburt in Kauf, bevor sie sich für eine Geburt per Kaiserschnitt entscheiden. Medizinische Berufe (Geburtshelfer, Hebammen, Gynäkologen, Chirurgen) sind demgegenüber sehr viel schneller und auch schon bei geringfügigeren Risiken geneigt, den Frauen einen Kaiserschnitt zu empfehlen. Dies ist das Ergebnis einer australischen Studie, die jetzt in der Zeitschrift "BJOG: An International Journal of Obstetrics & Gynaecology" veröffentlicht wurde.

An der Studie beteiligt waren 102 schwangere Frauen, denen eine Erstgeburt bevorstand, 84 Hebammen, 166 Geburtshelfer/innen, 12 Gynäkologen und 79 spezialisierte Chirurgen. Bei den Frauen wurden persönliche Interviews durchgeführt, die medizinischen Berufe beantworteten einen Fragebogen schriftlich. Im Vordergrund stand dabei die Frage: Bei welcher Art von medizinischem Risiko würden die betroffenen Frauen auf eine natürliche Vaginal-Geburt verzichten und sich für einen Kaiserschnitt entscheiden? Bei den Ärzten und Geburtshelfern lautete die Frage ähnlich, nämlich ab wann sie den Frauen einen Kaiserschnitt nahe legen würden.

Als hypothetische Risiken, die vor, im Verlauf oder nach einer Geburt auftreten können , wurden dann insgesamt 17 Aspekte genannt, zu denen jeweils eine Entscheidung zu treffen war: Wenn dies real eintreten sollte oder als zukünftige Folge mit großer Wahrscheinlichkeit absehbar war, würde man die Entscheidung für eine Vaginalgeburt revidieren und sich in diesem Fall dann für einen Kaiserschnitt entscheiden? Dabei wurden eher geringfügige Risiken wie zum Beispiel längere Dauer der Geburt oder Schmerzen bei der Geburt ebenso genannt wie sehr schwerwiegende Risiken wie spätere anale oder urogenitale Inkontinenz.

Die Antwort-Häufigkeiten wurden dann in sogenannte "utility scores" umgewandelt, die zwischen den Werten 0 und 1 variieren. Ein Wert von 1 oder sehr nahe dabei wie 0.95 bedeutet, dass die Frauen nahezu durchgängig bei ihrer Entscheidung für eine Vaginalgeburt bleiben, während umgekehrt ein sehr niedriger, nahe Null gelegener Zahlenwert bedeutet: Ein überaus großer Teil der Befragten entscheidet sich neu zugunsten eines Kaiserschnitts.

Im Vergleich dieser Werte bei den schwangeren Frauen und den medizinischen Berufen wurde dann deutlich: Bei allen genannten Risiken sind die medizinischen Experten sehr viel öfter bereit, einen Kaiserschnitt zu empfehlen. So lag beispielsweise der utility-score für das potentielle spätere Risiko "schwere urogenitale Inkontinenz" bei den Frauen bei 0,51, bei Hebammen: 0,23; bei Geburthelfern: 0,10; bei Gynäkologen: 0,05; bei Chirurgen: 0,02.

Bei der Frage, welche Art von Geburt die Betroffenen grundsätzlich bevorzugen, wurde deutlich: Für die Vaginalgeburt stimmen 93% der Frauen, 86% der Hebammen, 78% der Geburtshelfer/innen, 50% der Gynäkologen und 48% der Chirurgen.

Die Wissenschaftler interpretieren ihre Befunde so, dass medizinische Berufe vermutlich deshalb eher zu einem Kaiserschnitt raten, weil ihnen aus ihrer Vergangenheit noch eine Reihe von Negativerfahrungen mit Vaginalgeburten präsent sind, so dass in ihrer Entscheidung fürsorgliche Motive zum Ausdruck kommen. Fragen muss man dann allerdings, warum die Ärzte, Geburtshelfer/innen und Hebammen in ihre Fürsorge nicht auch jene Risiken einschließen, die mit einem Kaiserschnitt verbunden sind und über die in letzter Zeit sehr oft berichtet wurde. Und deutlich wurde mit dieser Studie erneut, dass ein Kaiserschnitt nicht von vornherein ein vorrangiger Wunsch schwangerer Frauen ist, sondern erst in der Kommunikation mit Ärzten und medizinischen Helfern heranwächst.

Ein Abstract der Studie ist hier nachzulesen: CE Turner u.a.: Vaginal delivery compared with elective caesarean section: the views of pregnant women and clinicians (BJOG: An International Journal of Obstetrics & Gynaecology, Published Online: 26 Aug 2008, doi: 10.1111/j.1471-0528.2008.01892.x)

Über die Risiken von Kaiserschnitt-Geburten wurde im Forum Gesundheitspolitik schon gehäuft berichtet, unter anderem hier:
Kaiserschnitte sind populär, aber risikobehaftet
Babies nach medizinisch nicht notwendigen Kaiserschnitt-Geburten weisen ein höheres Risiko von Atemwegs-Erkrankungen auf
Doppelt so hohe Krankheitsrisiken für Mütter nach geplanten Kaiserschnitt-Geburten
Geplante Kaiserschnitt-Geburten: Höhere Risiken als bislang angenommen

Über die sozialen und ökonomischen Hintergründe der zunehmenden Quote an Kaiserschnitt-Geburten berichteten wir hier:
Geburt per Kaiserschnitt: Wie der Wandel gesellschaftlicher Normen auch die Wünsche Schwangerer beeinflusst
Mehr Kaiserschnitt-Geburten, weniger Sonntagskinder - aufgrund ökonomischer Klinik-Kalküls
Kaiserschnitt-Geburt: Kein Wunsch von Frauen
Immer weniger Sonntagskinder, immer mehr Wunsch-Kaiserschnitte

Gerd Marstedt, 27.8.2008