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Anhänger der alternativen Medizin sind stärker interessiert an Mitbestimmung in der ärztlichen Sprechstunde

Artikel 1048 Stellen Anhänger der Alternativ- und Komplementärmedizin eine besondere Gruppe von Patienten dar, die sich durch bestimmte Wertorientierungen oder Überzeugungen systematisch von anderen unterscheiden oder um ganz "normale" Patienten, die neben der Schulmedizin einfach mal etwas anderes ausprobieren wollen? Eine Meta-Analyse von knapp 100 Veröffentlichungen hat jetzt dazu in der Zeitschrift "Journal of Health Psychology" einige interessante Ergebnisse vorgelegt. Als Forschungsbilanz festgehalten wird unter anderem, dass diese Patienten sehr viel stärker interessiert sind an "Partizipativer Entscheidungsfindung" in der ärztlichen Sprechstunde und dass es sich häufiger um "unkonventionelle", "kulturell kreative" Persönlichkeiten handelt.

Insgesamt 94 Veröffentlichungen hat ein Forschungsteam der Universität von Southampton (England) noch einmal bilanziert. Fragestellung war: Unterscheiden sich Patienten, die alternative Heilmethoden wie Akupunktur oder Homöopathie ausprobieren, von anderen Patienten, die diese außerhalb der Schulmedizin angesiedelten Therapiemethoden nicht kennen? In die Metaanalyse einbezogen wurden Studien aus den Jahren 1995-2005, die unterschiedliche Aspekte überprüft hatten: Kontrollerwartungen und Einstellungen bezüglich Shared Decision Making, Einstellungen und Überzeigungen hinsichtlich einer ganzheitlichen und natürlichen Therapie, subjektive Theorien von Gesundheit und Krankheit, allgemeine Lebensphilosophien.

Als Ergebnis der Forschungsbilanz zeigte sich:
• Häufig wird in der Literatur die Hypothese auggestellt, dass Nutzer der Alternativmedizin eine stärkere Kontrollerwartung haben, also der Überzeugung sind, selbst einen sehr großen Einfluss zu haben auf ihren Gesundheitszustand oder auch die Regeneration bei einer Erkrankung. Ob dies so zutrifft, ist unklar. In 10 von 13 empirischen Studien fand sich hierzu keine Bestätigung, nur in drei Studien gab es hierzu Belege.

• Recht eindeutig sind andererseits Befunde im Hinblick auf Mitbestimmungswünsche. Hier finden sich in 10 von 13 Studien Hinweise, dass Anhänger der Alternativmedizin auch ein sehr nachhaltiges Interesse an Partizipativer Entscheidungsfindung in der ärztlichen Sprechstunde haben. Ebenso findet sich hier häufiger eine aktive Bewältigungsstrategie im Umgang mit Erkrankungen, durch ein bewusstes Ausleben von Gefühlen und eine intensive Informationssuche (anstelle von Verdrängungs- oder Bagatellisierungsstrategien).

• Allerdings fanden die Wissenschaftler auch, dass die Verhältnisse doch noch ein wenig komplizierter sind. Nutzer der Komplementärmedizin sind häufig chronisch erkrankt, und auch aufgrund dieser Erkrankung muss man ihr Interesse deuten, vom Arzt stärker informiert und in Entscheidungen einbezogen zu werden.

• Im Hinblick auf subjektive Krankheitstheorien ist der Forschungsstand noch recht unbefriedigend, da viele Studien bei Patienten mit schwerwiegenden Erkrankungen (wie Krebs) durchgeführt wurden und unklar ist, ob die Befunde auch auf andere Gruppen übertragbar sind. Einige Studien deuten indes an, dass Nutzer der Komplementärmedizin stärker an soziale und psychische Faktoren bei der Krankheitsentstehung glauben.

• Ob auch die Erwartung an eine "ganzheitliche" Medizin, die biologische, psychische und soziale Faktoren gleichrangig berücksichtigt, zentrales Unterscheidungsmerkmal ist, lässt sich nicht abschließend beantworten. 5 Studien fanden hierzu empirische Belege, in 4 Studien war dies nicht der Fall.

• In einigen Studien fanden sich darüber hinaus Hinweise, dass Nutzer der Komplementärmedizin häufiger als "unkonventionelle" und "kulturell kreative" Persönlichkeiten gekennzeichnet werden können. Unter ihnen finden sich mehr Anhänger des Feminismus und der Öko-Bewegung, mehr Anhänger auch spiritueller und esoterischer Überzeugungen.

Ein Defizit bisheriger Forschungsstudien - und in dessen Gefolge auch der Meta-Analyse - ist zweifellos, dass die Gruppe der "Anhänger" oder "Nutzer" von Alternativmedizin nicht klar definiert ist. Hier findet man sowohl Patienten, die von den Vorteilen dieser Therapien fest überzeugt sind, wie zufällige oder Gelegenheits-Nutzer, die bei ihrem schulmedizinisch orientierten Arzt als Ergänzung auch mal eine von der Krankenkasse bezahlte Akupunktur verschrieben bekommen. Ebenso wird die Art und Intensität der Nutzung kaum differenziert. Aber es ist sicher ein Unterschied, ob ein Patient dauerhaft zu seinem anthropologisch oder homöopathisch orientierten Arzt geht, oder ob er bei einer akuten Erkrankung auch mal Naturheilmittel oder Bachblüten ausprobiert.

Hier ist ein kostenloses Abstract der Studie mit sehr vielen Literaturquellen: Felicity L. Bishop u.a.: A Systematic Review of Beliefs Involved in the Use of Complementary and Alternative Medicine (Journal of Health Psychology, Vol. 12, No. 6, 851-867, 2007)

Gerd Marstedt, 9.12.2007