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Patienten
Versorgungsforschung: Übergreifende Studien


Wie viele der in Cochrane Reviews bewerteten 1.567 Leistungen sind qualitativ hochwertig? 5,6 %! (20.9.23)
Zwei neue Studien: COVID-19 ist gef�hrlicher als die saisonale Influenza (25.12.20)
"Closing borders is ridiculous" (A. Tegnell), und zahlreiche Studien bestätigen dies seit vielen Jahren. (18.5.20)
Warum beteiligen sich nur wenige ÄrztInnen an gesundheitsbezogenen Befragungen? Auch Nonresponderbefragung liefert wenig Antworten (28.9.19)
Bewegung und Gesundheit: Es ist selten zu wenig und zu kurz, um positive gesundheitliche Wirkungen zu erzielen (20.3.19)
Kosten der Medikalisierung nichtmedizinischer Probleme - Eine defensive Schätzung für die USA und nicht nur für sie. (21.2.19)
Wodurch könnte die Lebenserwartung der 50-jährigen US-Bevölkerung um 14 oder 12 Jahre verlängert werden? (1.5.18)
Wie häufig ist die Überversorgung mit nutzlosen oder schädlichen Leistungen und wie viel kostet das? Antworten aus WA und VA (USA) (4.2.18)
"Want a healthier population? Spend less on health care and more on social services" - in Kanada und anderswo (23.1.18)
Alter=schwere Sehbehinderung oder Blindheit? Inzidenz von Sehbehinderung und Erblindung durch Makuladegeneration nimmt stetig ab! (27.11.17)
Grenzen des Zugangs zur gesundheitlichen Versorgung von objektiv Bedürftigen im "sozialen Europas" größer als erwartet. (16.11.17)
Welche Erwartungen haben Ärzte zum Nutzen und zu Nachteilen von Screenings, Behandlungen und Tests und sind sie korrekt? Oft nicht (8.5.17)
Serie zur Geschichte, Methodik und Leistungsfähigkeit klinischer Studien im "New England Journal of Medicine" gestartet (12.8.16)
Weniger fettes Essen=weniger Herzinfarkttote!? Beispiel für von Beginn an fehlende Evidenz für zu einfache Gesundheitsempfehlungen (4.7.16)
Ungleichheit in der palliativen Behandlung am Beispiel von Schlaganfall- und Krebspatienten in Schweden (13.3.16)
Wissenschaftliche Fachgesellschaften: Eigeninteressen vor Evidenz? (19.8.15)
Wie intensiv wird das Gesundheitssystem in Anspruch genommen und geschieht dies zu oft? Daten aus Österreich, Schweden und den USA (15.12.14)
Der Datenfriedhof ist mittlerweile ganz schön lebendig oder Routinedaten in der Gesundheitsforschung (3.12.14)
"Wenn Sie so weiter machen, kriegen Sie wahrscheinlich ohne Statine bald einen Herzinfarkt …." oder Irrtum des Risikokalkulators!? (15.10.14)
4 Jahre nach Beendigung Ergebnisse von 30% der klinischen Studien in USA nicht veröffentlicht - industriefinanzierte allen voran (21.7.14)
Bedeutung der Therapietreue für den Behandlungserfolg weiter unbestritten (17.2.14)
USA: Interregionale Unterschiede beim Zuviel und Zuwenig von Arzneiverordnungen mit der Kumulation nachteiliger Verordnungsmuster (23.10.13)
Wie gut oder schlecht werden Public Health-Großrisiken gemanagt? Die Beispiele Schweinegrippe-Pandemie und EHEC-Ausbruch (8.10.13)
Wenig TeilnehmerInnen in randomisierten Studien= Überschätzung von Therapieerfolgen?! (6.10.13)
Weltweit enorme Krankheitslasten und Verluste an Lebensjahren allein durch 7 unerwünschte Behandlungsereignisse in Krankenhäusern (21.9.13)
Multiresistente Erreger in Krankenhäusern: Hysterie oder ernstes aber vermeidbares Problem. Ergebnisse einer Krankenkassen-Analyse (1.9.13)
Was kosten multiresistente Bakterien wirklich und wie gefährlich ist es, kein Antibiotikum-" Ass mehr in der Hinterhand" zu haben? (31.8.13)
Vorsicht "Bluttests": Über- und Fehlversorgung durch umfassende und wiederholte Leberfunktionstests (29.8.13)
Guten Appetit beim regelmäßigen Fischmahl: Das Geld dafür kann man durch Verzicht auf Omega-3-Nahrungsergänzungsmittel ansparen. (27.9.12)
Sechsmal mehr Gesundheit? Der Faktencheck Gesundheit (11.3.12)
Kinder sind nicht nur "süß", sondern können ihre Väter auch vor dem Herztod bewahren - je mehr Kinder desto besser! (24.10.11)
Spät aber endlich! Mehr Transparenz über die regionale gesundheitliche Versorgung in Deutschland. (31.8.11)
"Darf's ein wenig mehr sein"? Blutarmut durch Blutabnahme als jüngstes Beispiel der Fehlversorgung durch Überversorgung (9.8.11)
NHS Atlas zeigt Versorgungsunterschiede auf (2.5.11)
Wie gut vorbereitet sind Krankenhäuser auf schwere Katastrophen à la Japan? Beunruhigende Ergebnisse einer US-Krankenhausbefragung (28.3.11)
Bericht des US-"Surgeon General": Egal ob "nur zwei Zigarettchen" oder "extra light", Rauchen gefährdet die Gesundheit! (12.12.10)
Atheistisch gesinnte Ärzte sind bei todkranken Patienten häufiger zu lebensverkürzenden Maßnahmen bereit (10.9.10)
Therapietreue - Ansatz zu verbesserter Gesundheit und zur Kostendämpfung (15.8.10)
Therapien mit Antibiotika: Meta-Analyse von 24 Studien stellt erneut massive Risiken der Resistenzbildung fest (27.6.10)
Placebo-Effekt: Es kommt darauf an, was Patienten in medizinischen Studien zu bekommen glauben, nicht was sie tatsächlich bekommen (12.7.09)
Auch deutsche Klinikärzte setzen gelegentlich Placebos ein - und sind von der Wirkung voll überzeugt (6.7.09)
Mythos Wissensgesellschaft: Körperorgan-Wissen britischer Patienten seit fast 40 Jahren konstant gering! (5.7.09)
Wie viel Prozent der Arbeitszeit verbringt ein Krankenhausarzt mit Patienten, Angehörigen und der Verwaltung? 11,8%, 0,9%, 12,5%! (18.6.09)
Wie wirken sich die DRG in Deutschland auf die Versorgungsqualität aus? Patientenwahrnehmungen vor und während der DRG-Einführung (13.6.09)
Ein Allgemeinarzt als fester Ansprechpartner auch in Versorgungszentren und Gemeinschaftspraxen erhöht die Versorgungsqualität (5.3.09)
Leitliniengerechte Behandlung von Herzinsuffizienz: Ärzte benachteiligen Frauen, Ärztinnen aber Männer nicht! (31.1.09)
Internationaler Vergleich der Versorgung von chronisch Kranken in acht Ländern: Deutschland - wie gewohnt - im Mittelfeld! (21.11.08)
Rund die Hälfte us-amerikanischer Internisten und Rheumatologen führt ohne ethische Bedenken Placebo-Behandlungen durch (2.11.08)
Koronare Herzerkrankungen: Deutsche Ärzte schneiden schlechter ab bei Diagnostik, Medikamentenverordnung und Prävention (15.10.2008)
Placebo wirkt auch bei einem Reizdarmsyndrom. Aber noch besser wirkt Placebo plus emotionale Unterstützung durch den Arzt (16.5.2008)
Ein etwas anderes Gesundheitsmanagementbuch: Kann man Gesundheit wie Kühlschränke managen? Nein, sondern ...! (13.4.2008)
Ein "medizinisches Zuhause" bietet nach Patientenurteilen eine bessere Behandlungsqualität (2.11.2007)
"In Health Care, Cost Isn't Proof of High Quality" zeigt Herzchirurgie-Studie in Pennsylvania (21.6.2007)
Finanzielle Beziehungen zur Industrie auch bei Reviewern von Protokollen klinischer Studien in Hochschulen (1.5.2007)
Wartezeiten können negative gesundheitliche Folgen haben: Das Beispiel Kataraktoperation. (28.4.2007)
Selbstbestimmte Rationierung durch eigenverantwortliche Patienten? (21.4.2007)
"So viel wie möglich und wie normal" muss bei chronisch Kranken nicht immer "gut" sein. (3.2.2007)
Wiederholte Knochendichtemessungen: Überversorgung durch Wiederholungsuntersuchungen trotz fehlenden Nutzens. (25.1.2007)
Autorenlisten wissenschaftlicher Aufsätze als vierte Stufe der Lüge? Arzneimittelstudien zwischen Geist und Ghostwritern (17.1.2007)
"Evidence based self care"? - Unbequeme und ernüchternde Wahrheiten zu Wirksamkeit und Nutzen (11.1.2007)
Unter-, Über- und Fehlversorgung in Deutschland: Immer noch aktuell - Das Jahresgutachten 2000/2001 des Sachverständigenrates für Gesundheit (11.12.2006)
Studien zur Versorgungsforschung decken Mängel auf (3.11.2006)
Kanada: Teure Diagnoseverfahren werden Oberschicht-Patienten häufiger verordnet (14.11.2005)

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Vorsicht "Bluttests": Über- und Fehlversorgung durch umfassende und wiederholte Leberfunktionstests

Artikel 2265 Umfassende Untersuchungen des Blutes und anderer Körperstoffe sowie diverser physikalischer oder seelischer Funktionen tragen zu einem Boom diagnostischer Leistungen als Kassen- oder Privatleistung bei. Dafür verantwortlich sind zum einen Ärzte, die eine "Null-Risiko"- oder Defensivmedizin betreiben aber auch PatientInnen, die glauben, ihr Erkrankungsrisiko durch möglichst umfassendes Durchchecken oder Früherkennen ebenfalls auf Null senken zu können. Ein fördernder Faktor sind außerdem die Fortschritte der Labor- und Analysetechnik der letzten Jahre, die innerhalb kürzester Zeit umfassende, exakt bewertete und Gewissheit versprechende Testergebnisse liefern. Dass dadurch möglicherweise eine gesundheitlich nicht notwendige oder nützliche aber teure Über- oder Fehlversorgung oder gar gesundheitliche Nachteile entstehen, ist Gegenstand zahlreicher versorgungswissenschaftlicher Analysen der letzten zehn bis fünfzehn Jahre.

Was dies konkret bedeuten kann, zeigt ein im Juli 2013 in Großbritannien veröffentlichter Health-Technology-Assessement (HTA)-Report über den in der Regel sechs bis acht Werte untersuchenden Leberfunktionstest (LFT). Der Report und seine Schlussfolgerungen basieren im Wesentlichen auf der so genannten "Birmingham and Lambeth Liver Evaluation Testing Strategies (BALLETS)"-Studie, in der die Resultate der auch in Großbritannien weitverbreiteten Leberfunktionstests von 1.290 PatientInnen mit abnormalen Testergebnissen untersucht wurden. Die gesundheitliche Entwicklung dieser PatientInnen wurde über zwei Jahre beobachtet.

Die wesentlichen Ergebnisse der BALLETS-Studie lauteten:

• Weniger als 5% der Personen mit abnormalen LFT-Ergebnissen hatten eine spezifische Lebererkrankung. Eine ernsthafte Lebererkrankung, die eine sofortige Therapie verlangte, wurde in 1,3% aller Fälle entdeckt. Die Wissenschaftler fassen dies so zusammen: "It is unusual for an abnormal LFT result to signify a serious treatable disease of which the doctor was previously unaware."
• Die Mehrheit ernsthafter oder potenziell ernsthafter Erkrankungen können durch die Bestimmung von zwei Leberwerten entdeckt werden, erfordern also keinen umfassenden LFT. Dabei handelt es sich um die Bestimmung des Aminotransferase (ALT) und Alkalische Phosphatase (ALP)-Werts.
• Am häufigsten abnormal war das so genannte Gamma-Glutamyltransferase- oder GGT-Enzym eines LFT. Hier gab es aber auch die höchste falsch-positive Rate.
• Die in Leitlinien enthaltene Empfehlung, den LFT nach abnormalen Ergebnissen "zur Sicherheit" zu wiederholen, ist laut der BALLETS-Studie unsinnig und erhöht eher die negativen Folgen wie z.B. die Angst der untersuchten Personen vor den meist schweren Lebererkrankungen. Bei der Wiederholung innerhalb des ersten Monats nach dem Erst-Test lieferten 84% weiterhin abnormale Werte und sogar nach 2 Jahren blieben 75% aller Tests abnormal. Die WissenschaftlerInnen empfehlen dagegen die Durchführung weniger spezifischer Tests aus einem stufenweisen "dropdown"-Menu vorhandener Tests.
• LFTs sollten in der primärärztlichen Versorgung sparsam eingesetzt werden. Das Standardrepertoire von fünf bis acht Einzeltests "is obsolete".
• LFTs werden nach den Erkenntnissen der Studienverantwortlichen meist aus sozialen und psychologischen, weniger aus klinischen Gründen durchgeführt. Zu den wesentlichen Motiven von Ärzten LFTs durchzuführen, gehört die Absicht eine "defensive practice" zu betreiben und "to meet perceived patient need for a 'blood test'".
• Dafür, dass die Kenntnis einzelner abnormaler Ergebnisse von LFTs und Ultraschalluntersuchungen der Leber eine gesündere Lebensweise (Stichwort Alkoholkonsum) fördern, gibt es keine gute Evidenz. Ganz im Gegenteil: "the use of serial LFTs to promote behaviour change is an unproven therapy that might do more harm than good."
• Ob Bluttests bei chronisch Kranken oder PatientInnen mit diversen unklaren Symptomen generell einen Wert haben, ist nach Meinung der WissenschaftlerInnen unklar und sollte in weiteren Studien gründlicher untersucht werden.

Der gesamte 326 Seiten lange Report oder ein kurzerScientific summary der Studie "Birmingham and Lambeth Liver Evaluation Testing Strategies (BALLETS): a prospective cohort study" von Lilford R, Bentham L, Girling A, Litchfield I, Lancashire R, Armstrong D, Jones R, Marteau T, Neuberger J, Gill P, Cramb R, Olliff S, Arnold D und Khan K [Health Technol Assess 2013;17(28)] sind kostenlos zu erhalten.

Bernard Braun, 29.8.13