Home | Patienten | Gesundheitssystem | International | GKV | Prävention | Epidemiologie | Websites | Meilensteine | Impressum
Weitere Artikel aus der Rubrik
Epidemiologie
Gesundheit und Krankheit in den Medien
Rund ein Viertel der englischsprachigen You tube-Videos über Covid-19 sind fehlerhaft oder irreführend (15.5.20)
Vorsicht Studie oder wissenschaftliche Standards und Fakten- statt Fake-Berichterstattung im Covid-19-Corona-Ausnahmezustand (1.5.20)
Wie die Familie Sackler trotz der Mitverantwortung für 300.000 Tote noch lange als Kultursponsor und Philantrop geschätzt wurde. (29.3.19)
Wie Massenmedien die Wahrnehmung von Erkrankten verzerren und spezifische Behandlungsangebote behindern - Beispiel Krebs in Irland (21.5.17)
Wie das ernste Problem der Übergewichtigkeit und Fettleibigkeit zur Epidemie prognostiziert wird. Das Beispiel einer OECD-Studie (19.5.17)
Gesundheitskommunikation zwischen Statistiken und Geschichtenerzählen: warum gibt es die Debatte über Masern-Impfpflicht? (12.4.15)
Vorsicht Suchmaschinenergebnisse: Qualität und Vollständigkeit von Suchmaschinen-Informationen über Gewichtsabnahme und Bewegung (17.11.14)
Neues zu health literacy: Vorsicht "Wissenschaftssignale" oder manchmal ist eine Grafik nur eine Grafik! (19.10.14)
Warum Ebola keine globale Gesundheitsbedrohung ist und was aus Public Health-Sicht trotzdem dagegen getan werden muss. (6.8.14)
Abgespeckt, entzündungsfrei und atemberaubender Sex dank Heidelbeeren, Zwiebeln und Wassermelonen oder mediale Luftnummern!? (6.4.14)
Vorsicht Unstatistik: Verringert Mittelmeer-Diät das Diabetesrisiko um 30% oder 1,9 Prozentpunkte? (3.2.14)
Wie viele US-Amerikaner ohne Krankenversicherung nutzen die mit dem "Affordable Care Act" geschaffenen Versicherungsmöglichkeiten? (25.11.13)
Welchen Einfluss haben TV-Serien wie "Grey's Anatomy" oder "In aller Freundschaft" auf den Pflegernachwuchs in Krankenhäusern? (31.10.13)
Holpriger "Königsweg": Öffentliche Informationskampagnen gegen unnötigen Antibiotika-Einsatz haben gemischte Wirkungen (24.9.13)
"Iss und stirb" oder "Iss Dich gesund" - geht es beim Essen so oder so immer um Krebs!? (26.12.12)
Ein Lehrbeispiel!? Wie in der größten US-for-profit-Krankenhauskette "outbreaks of stents" oder "EBDITA"-Ärzte zum Alltag gehören (28.10.12)
Wirkungen von Massenmedien-Kampagnen für körperliche Aktivitäten: Mehrheitlich ohne verhaltensändernde Wirkung, selten evaluiert (29.1.12)
Welchen Nutzen hat die Berichterstattung über kranke oder sterbende Prominente in den Massenmedien für Public Health? (2.7.11)
Mythen zur Gesundheitspolitik: Auch in gebildeten Bevölkerungskreisen weit verbreitet (4.8.10)
US-Massenmedien und Krebs - Nebeneinander von Risiko-Verharmlosung und Schweigen über palliative Angebote (31.7.10)
Krebserkrankungen in US-amerikanischen Medien: Viele Berichte dokumentieren das Überleben, nur wenige das Sterben (17.3.10)
Gesundheitsexperten artikulieren massive Kritik am Weihnachtsmann: Ein überaus negatives Vorbild (21.12.09)
Ökonomie der Aufmerksamkeit: Täglich 13.000 tote Kinder und Mütter in Afrika und weltweit 6.250 Schweinegrippetote in 7 Monaten (14.11.09)
Australische Studie: Kritik an Medienberichten über medizinische Innovationen (19.4.09)
Das Vorurteil der durchweg gewalttätigen "Verrückten" lässt sich anhand empirischer Daten nicht bestätigen (10.2.09)
BMJ-Studie entlarvt erneut medizinische Irrtümer: Über das Katerfrühstück, Suizid an den Feiertagen, nächtliche Mahlzeiten (21.12.08)
Massenmedien und Berichterstattung über Gesundheit in den USA: Geringerer Anteil als erwartet und krankheitenlastig. (1.12.08)
Medienberichte über Infektions-Krankheiten: Was häufig in den Schlagzeilen auftaucht, wird auch als bedrohlicher eingestuft (25.11.08)
Nicht nur Patienten, auch Journalisten und Ärzte sind Analphabeten, was Gesundheitsstatistiken anbetrifft (12.10.2008)
Die journalistische Berichterstattung über neue Medikamente, Diagnose- und Therapiemethoden ist überwiegend mangelhaft (11.8.2008)
Der Kylie-Effekt: Prominente können auch Schaden anrichten, wenn sie ihre Krankheit öffentlich machen (9.6.2008)
"Kaffeetrinker sind im Bett wie aufgedreht" - Eine Dokumentation der journalistischen Berichterstattung über unsere Gesundheit (12.4.2008)
Medienkampagne zur Verbesserung der Bevölkerungs-Kenntnisse über Rückenschmerzen bleibt in Norwegen ohne großen Erfolg (12.2.2008)
Wissenschaftler kritisieren: Leitlinien und Ratschläge zur gesunden Ernährung verursachen oft mehr Schaden als Nutzen (26.1.2008)
Die Vielzahl der Informationen über Krebserkrankungen und Präventions-Empfehlungen hinterlässt überwiegend Abwehr und Verwirrung (22.1.2008)
"Gesundheits-Hysterie!" - Englische Medien stellen Empfehlungen zum Gesundheitsverhalten massiv in Frage (13.1.2008)
The Good, The Bad and the Ugly: Die Darstellung von Herz- und Krebserkrankungen in Zeitschriften-Artikeln (4.12.2007)
Forschungsbilanz stellt fest: Gewaltdarstellungen in neuen Medien sind ein öffentliches Gesundheitsrisiko (1.12.2007)
Statistische Schaumschlägereien mit Risiken: "Um 40% gesenktes Krankheitsrisiko durch XYZ" (24.1.2007)
Mit Rotwein und Kaffee, Walnuss und Olivenöl ein bißchen Gesundheit naschen (4.1.2007)
Seite mit den Texten aller Artikel aufrufen:
Gesundheit und Krankheit in den Medien
Andere Rubriken in "Epidemiologie"
Gesundheit und Krankheit in den Medien |
Forschungsbilanz stellt fest: Gewaltdarstellungen in neuen Medien sind ein öffentliches Gesundheitsrisiko
Die Vielzahl der Gewaltdarstellungen im Internet und in PC-Spielen, in Fernsehsendungen und Kinofilmen ist ein nachhaltiges Risiko für die Öffentliche Gesundheit. Zwar ist das Risiko für Erkrankungen durch das Rauchen noch ein wenig höher einzuschätzen. Doch in einer Rangfolge der Risiken (mit dem Rauchen auf Platz 1) ist der Konsum von Gewaltszenen mit der Folge daraus resultierender Aggressivität und krimineller Vergehen in der Bevölkerung schon auf Platz 2 einzustufen. Dies ist eine der Thesen, die der Wissenschaftler L. Rowell Huesmann von der University of Michigan nach einer Bilanzierung vorliegender empirischer Forschungsstudien und theoretischer Modelle jetzt in einem Aufsatz vorstellt, der in der Zeitschrift "Journal of Adolescent Health" veröffentlicht wurde.
Der Übersichtsartikel geht auch kurz ein auf die theoretischen Konzepte, die den Zusammenhang von Gewalterleben und Gewaltausübung thematisieren (Lernen durch Beobachtung und Nachahmung, Desensibilisierung, "inaktives Lernen), bemüht sich aber hauptsächlich um die Zusammenfassung empirischer Forschungsbefunde.
Hinsichtlich der Häufigkeit, mit der Kinder in unterschiedlichen Medien Gewaltdarstellungen erleben, ist der Forschungsstand weit fortgeschritten. In den USA sehen Kinder im Durchschnitt etwa 3-4 Stunden täglich fern. Etwa 60% dieser Programme zeigen auch Gewalt und etwa 25% sogar sehr drastische Gewaltszenen. In 83% aller US-Haushalte mit Kindern gibt es Videospiele und etwa die Hälfte der 8-18jährigen spielt an einem Tag auch damit - im Durchschnitt knapp eine Stunde am Tag. Die allermeisten dieser Videospiele (83%) enthalten nach einer Studie auch Gewaltdarstellungen.
Zwei große Meta-Analysen von insgesamt weit über 200 Veröffentlichungen haben gezeigt, dass es sehr hohe Korrelatioonen gibt zwischen der Intensität von Gewalterleben und persönlicher Gewaltausübung oder Aggressivität. Berücksichtigt man nur den Aspekt der Gewaltausübung gegen Personen, so liegt diese Korrelation in den Studien im Durchschnitt bei 0.32. Zwar ist hier die Frage der Verursachung nicht geklärt: Verführt die häufige Wahrnehmung von Gewaltdarstellungen zur Nachahmung oder haben ohnehin schon gewaltbereite Kinder ein größeres Interesse an solchen Szenen? Allerdings zeigen auch Längsschnittanalysen, die die jeweilige Gewaltbereitschaft in einem bestimmten Alter mitberücksichtigen, gleichwohl, dass hier noch ein Verstärkungseffekt wirksam ist.
Auch mehrere experimentelle Studien, in denen man Kindern Gewaltdarstellungen in Filmen zeigte oder sie Gewalt in Videospielen ausüben ließ, zeigen - auch im Vergleich zu Kontrollgruppen - sehr eindeutig, dass schon die Wahrnehmung und das Erleben von Schlägereien, Schiessereien und Ähnlichem das eigene Aggressions-Verhalten beeinflusst. Eine bedeutsame Verlaufsstudie über 15 Jahre konnte aufzeigen, dass die Intensität des Fernsehkonsums mit Gewaltdarstellungen die Aggressivität der Kinder steigert, auch wenn eine Vielzahl anderer Einflussfaktoren, darunter die Gewaltbereitschaft zu Beginn der Studie, mitberücksichtigt wurde. Aggressivität wurde dabei mit unterschiedlichen Indikatoren erfasst, von kleineren Schlägereien bis hin zu kriminellen Vergehen.
Der Aufsatz zitiert in der Zusammenfassung der Befunde eine Analyse, in der unterschiedliche Gesundheitsrisiken hinsichtlich der Stärke des Zusammenhangs miteinander verglichen werden, auf der Basis unterschiedlicher Forschungsbefunde. Dabei rangiert der Aspekt "Rauchen - Lungenkrebs" ganz vorne, bei einer mittleren Korrelation von etwa 0.38. Direkt dahinter steht jedoch schon auf Platz 2 der Zusammenhang "Gewalterleben in Medien - Aggressivität" (Korrelation: 0.30), noch vor dem Risiko "Kondomgebrauch - HIV-Infektion" (0.18).
Hier findet man ein kostenloses Abstract der Studie: L. Rowell Huesmann: The Impact of Electronic Media Violence: Scientific Theory and Research (Journal of Adolescent Health, Volume 41, Issue 6, Supplement 1, December 2007, Pages S6-S13)
Gerd Marstedt, 1.12.2007