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Legalisierter Organverkauf als neuer Weg der Armutsbekämpfung?

Artikel 0425 Der Ordinarius für Volkswirtschaftslehre und Gesundheitsökonomie an der Universität Bayreuth und Leiter der Unternehmensberatung Oberender & Partner, Peter Oberender, hat sich jetzt in einem Interview mit dem Radiosender Deutschlandradio Kultur dafür ausgesprochen, den Verkauf von menschlichen Organen in geregelter Form zu erlauben. Dies sei nötig, um den Menschen zu helfen, die ein Spenderorgan zum Überleben brauchten. Bereits jetzt gäbe es in Ländern wie Indien einen "grauen Markt", bei dem allerdings 80 Prozent der Spender aufgrund mangelhafter Nachsorge stürben. Überdies würde dies auch dazu beitragen, Armut durch eine Organspende zu verringern: "Wenn jemand existenziell bedroht ist, weil er nicht genug Geld hat, um den Lebensunterhalt seiner Familie zu finanzieren, muss er meiner Meinung nach die Möglichkeit zu einem geregelten Verkauf von Organen haben." Es müsse ein geregelter Markt geschaffen werden, bei dem "ähnlich der Börse" festgelegt werde, wer zum Handel zugelassen sei und wer Organe entnehmen dürfe. Außerdem müssten die Organspender selbst abgesichert werden.

Seine Position zur Legalisierung der bezahlten Organspende hat Oberender bereits 2003 in einem Aufsatz "Das belohnte Geschenk - Monetäre Anreize auf dem Markt für Organtransplantate" ausführlicher dargelegt. Dort kommt er sogar zu der Feststellung, dass damit die Schere zwischen Arm und Reich reduziert werden könne: "Erhält der Organgeber Geld für seine Bereitschaft zur Organabgabe, so kann das materielle Gefälle zwischen Arm und Reich sogar vermindert werden. Bedürftigen Familien wird damit die Chance auf ein neues oder zumindest besseres Leben gegeben." (Oberender/Rudolf, S.27) Soziale und gesellschaftsethische Risiken durch den legalen Organhandel werden nicht erkannt, im Gegenteil, die derzeitigen gesetzlichen Regelungen werden sogar als Beschneidung von Freiheitsrechten wahrgenommen: "Innerhalb einer industrialisierten Gesellschaft ist nicht zu befürchten, daß eine Familie so stark unter dem Existenzminimum lebt, daß man sich veranlaßt fühlt, deshalb Körperorgane zu verkaufen. Zu eng ist das Netz der sozialen Sicherungssysteme geknüpft. Einzig der Wunsch über diesem Existenzminimum zu leben, könnte hierfür ausschlaggebend sein. In einem solchen Fall aber handelt es sich um die freie Entscheidung eines Individuums, die es zu akzeptieren gilt. Wird der Handel mit Körperorganen beschränkt, so wird die Freiheit der Individuen eingeschränkt und ihnen die Entscheidungsmacht über ihren eigenen Körper genommen." (ebd. S.27f)

Den Vorschlag Oberenders hat jetzt Eckart Nagel, Leiter des Transplantationszentrums Augsburg und Vize-Vorsitzender des Nationalen Ethikrates, in einem Interview ebenfalls im Deutschlandradio Kultur scharf kritisiert. Er bezeichnete die Idee als "völlig absurd" und fügte hinzu: "Ich glaube auch, dass es ein Zeichen für eine Verödung unseres Geistes ist, wenn man glaubt, man müsse alles mit der Ökonomie regeln." Die Mitschrift des Interviews ist hier zu finden: Organhandel ist eine Perversion

Die Zahl der Transplantationen in Deutschland ist nach Informationen der Deutschen Stiftung Organtransplantation in den vergangenen Jahren gestiegen und lag 2005 bei über 4.000. Derzeit warten allerdings in Deutschland etwa 11.500 Patientinnen und Patienten auf ein Spenderorgan, circa 10.000 auf eine Niere. Die Warteliste für die Nierentransplantation steigt seit Jahren kontinuierlich an, da immer mehr Patienten dialysepflichtig werden.

Oberender hatte bereits im Jahr 2005 auf sich aufmerksam gemacht, als er in einem Gutachten das sog. "Bayreuther Modell" propagierte. Konkret empfohlen wird dort für die Zukunft eine völlige Umgestaltung der GKV-Finanzierung, in der die Gesundheitsausgaben nicht mehr wie derzeit über Generationen hinweg nach dem Solidarprinzip bestritten werden, sondern nach dem in der PKV geltenden Prinzip individueller Risiken. vgl. ausführlicher hierzu den Artikel "Gutachten zur GKV empfiehlt Abwendung vom Solidarprinzip".

• Hier finden Sie den Audio-Mitschnitt des Interviews mit P.O. Oberender im Deutschlandradio Kultur zur Legalisierung der bezahlten Organspende

• Ein Interview mit Oberender hierzu veröffentlichte auch FOCUS-MONEY Nr. 21 (2004): "Eine ethische Lösung"

• Der Aufsatz von Oberender/Rudolf (Diskussionspapier 12-03 Oktober 2003 ISSN 1611-3837) ist hier als PDF-Datei verfügbar: Peter O. Oberender und Thomas Rudolf: Das belohnte Geschenk - Monetäre Anreize auf dem Markt für Organtransplantate

• Ein Nachfolger-Aufsatz ist hier: Peter O. Oberender und Thomas Rudolf, Diskussionspapier 15-05, Oktober 2005, ISSN 1611-3837, Monetäre Anreize für die postmortale Körperorganspende - Eine ökonomische Analyse

Gerd Marstedt, 28.12.2006