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Versorgungsforschung: Psychische Erkrankungen


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Unterversorgung: Schwierigkeiten beim Zugang zur ambulanten psychotherapeutischen Behandlung nicht unerheblich!

Artikel 1919 Egal ob es sich bei der der in vielen Krankenkassen-Gesundheitsberichten berichteten Zunahme der Häufigkeit psychischer Erkrankungen um eine Erhöhung der wirklichen oder berichteten Inzidenz handelt, besteht ein eher wachsender Bedarf expliziter psychotherapeutischer Behandlung.
Insofern verdient die an der Universität Duisburg-Essen durchgeführte Erhebung zur ambulanten psychotherapeutischen Versorgung besondere Beachtung. Sie beruht auf einer im Januar 2010 durchgeführten schriftlich standardisierten Befragung von insgesamt 7.508 Mitgliedern der Deutschen PsychotherapeutenVereinigung an der mit einer Erinnerung 33,4 % der Angeschriebenen teilnahmen.

Die wesentlichen Ergebnisse lauten:

• Die berichteten Wartezeiten auf ein erstes Gespräch mit einem Psychotherapeuten von durchschnittlich mehr als 2 Monaten deuten auf eine allgemeine Unterversorgung hin. Nur knapp drei Prozent der 2.500 befragten Psychotherapeuten können aber sofort einen Therapieplatz anbieten. Etwa 52 Prozent aller Psychotherapeuten führen eine Warteliste.
• Es gibt eine beträchtliche Anzahl von Patienten, für die das Höchstkontingent an Richtlinienpsychotherapie nicht ausreichend ist.
• Es gibt deutliche Hinweise auf Versorgungsunterschiede mit ambulanter Psychotherapie zwischen Stadt und Land bzw. zwischen Regionen unterschiedlicher Siedlungsdichte zugunsten der Großstadt.
• Psychische Störungen werden in unterschiedlichen demographischen Gruppen unterschiedlich im Rahmen ambulanter Psychotherapien versorgt. Besonders in Bezug auf ältere Menschen über 65 Jahren und auf Männer lässt sich aus den Studienergebnissen im Vergleich mit epidemiologischen Daten eine deutliche Unterversorgung mit Psychotherapie vermuten. Die größte Gruppe der Patienten stellen die 41- bis 50-Jährigen dar. Bei den Männern waren es knapp 29 Prozent, bei den Frauen 27 Prozent. Patienten zwischen 60 und 90 Jahren bilden dagegen eine Minderheit (null bis fünf Prozent). Die möglichen geschlechts-, alters- und kohortenspezifischen Zugangshemmnisse sollten genauer untersucht und eventuell Zuweisungswege an spezifische Hemmschwellen angepasst werden. Hier erscheint insbesondere die Fortbildung der Hausärzte über psychische Erkrankungen und ihre Behandlungsmöglichkeiten wichtig.
• Obwohl niedrigere soziale Schichten aus epidemiologischer Sicht anteilig stärker von psychischen Erkrankungen betroffen sind, schlägt sich dies in der Versorgung mit psychotherapeutischen Leistungen nicht entsprechend nieder; im Gegenteil ist ihr Anteil an den Patienten unterdurchschnittlich. Die meisten der Patienten haben einen Realschulabschluss (32,1 Prozent). 24,5 Prozent verfügten über Abitur oder Fachhochschulreife und 19,1 Prozent haben ein Studium abgeschlossen. Der Anteil der PatientInnen mit Hauptschul- oder gar keinen Schulabschluss beträgt lediglich 19,8 Prozent bzw. 3,4 Prozent. Auch hier gibt die Erhebung keine Hinweise auf mögliche organisatorische, mentale oder kognitive Zugangsbarrieren.
• In den nächsten 15 Jahren ist ein starker Ersatzbedarf an Psychotherapeuten zu erwarten.
• Zuweisungswege zur Psychotherapie laufen nur bei etwa der Hälfte der behandelten Patienten über das medizinische System. Damit könnte der Zugang zu dieser Versorgungsform ausgerechnet für die schwächsten und antriebslosesten PatientInnen besonders schwer sein. Verbessertes Wissen um psychische Erkrankungen besonders bei Hausärzten und eine Stärkung der Kooperation zwischen Psychotherapeuten und Ärzten könnten zur Verbesserung des Zugangs zur Psychotherapie für alle Betroffenen beitragen.
• Die Teilnahme der Psychotherapeuten an besonderen Versorgungsformen ist noch gering und stark abhängig von regionalen Initiativen z.B. von einzelnen KVen. Hier könnte auch ein Potential für eine bessere Zusammenarbeit mit dem medizinischen Modell liegen.

Leider führt die gewählte Methode dazu, dass die Darstellung der Versorgungssituation ausschließlich durch die möglicherweise professionell deformierten Wahrnehmungen und Erfahrungen der Psychotherapeuten bestimmt wird und nicht aus Sicht der ja überwiegend befragbaren PatientInnen erfolgt oder zumindest ergänzt wird. Die AutorInnen räumen selber ein, dass ihr Versuch, patientenbezogene Fragen von den Psychotherapeuten beantworten zu lassen oder Patientensichten aus Behandlungsdokumenten zu rekonstruieren nicht ertragreich war bzw. zu verzerrten Ergebnissen führte. Unverständlich bleibt dies, weil eine entsprechend differenzierte Befragung von NutzerInnen und NichtnutzerInnen psychotherapeutischer Versorgung nach aller Erfahrung möglich ist und bereits jetzt eine Menge Informationen über die verschiedenen Zugangshemmnisse oder die unter PatientInnen kursierenden Fehlannahmen über die Art und die sozialen Folgen einer psychotherapeutischen Behandlung geliefert hätte.

Die 162-Seiten des Berichtes über die "Erhebung zur ambulanten psychotherapeutischen Versorgung 2010" von Anke Walendzik, Cornelia Rabe-Menssen, Gerald Lux, Jürgen Wasem und Rebecca Jahn sind komplett und kostenlos erhältlich.

Bernard Braun, 9.3.11